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Birgt der Hoffnungsträger unter den Bioenergiepflanzen ein invasives Potenzial? : Autökologie, Konkurrenzverhalten und Spontanvorkommen der Durchwachsenen Silphie (Silphium perfoliatum)

DOI zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00007472
URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-7472-8

Titelangaben

Ende, L. Marie:
Birgt der Hoffnungsträger unter den Bioenergiepflanzen ein invasives Potenzial? : Autökologie, Konkurrenzverhalten und Spontanvorkommen der Durchwachsenen Silphie (Silphium perfoliatum).
Bayreuth , 2023 . - 121 S.
( Dissertation, 2023 , Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)

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Angaben zu Projekten

Projektfinanzierung: Studienstiftung des deutschen Volkes

Abstract

Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) stammt aus dem Osten Nordamerikas und wird in Deutschland und anderen europäischen Ländern seit einigen Jahren als Bioenergiepflanze zur Gewinnung von Biogas genutzt. Inzwischen gilt sie wegen ihrer guten Erträge und ihrer ökologischen Vorteile gegenüber der primär genutzten Bioenergiepflanze Mais (Zea mays) als bewährte Alternative und wird auf 10.000 ha in Deutschland angebaut. Aufgrund ihrer Produktivität und ihres hohen Reproduktionspotenzials könnten sich Verwilderungen der gebietsfremden Silphie etablieren und ausbreiten, welche die heimische Biodiversität oder Ökosystemdienstleistungen gefährden könnten. Dieses mögliche invasive Potenzial wird in der vorliegenden Dissertation in vier Einzelstudien untersucht und bewertet. Die derzeitige Spontanbesiedlung der Silphie wurde rund um elf Silphie-Felder in Nordbayern erfasst (Manuskript 1). Die Silphie hat sich im 15 m-Umkreis aller Felder und in verschiedenen Lebensräumen in insgesamt 224 Plots mit je 1 bis 60 Individuen spontan angesiedelt. Die Vorkommenswahrscheinlichkeit nahm mit sinkendem Abstand zum Feldrand und mit zunehmendem Alter der Silphie-Felder zu. Besonders günstig für ihre Ansiedlung waren Lebensräume ohne Strauch- oder Baumschicht mit einem Offenbodenanteil von 25%. Die Etablierung (Stängelbildung) wurde an wärmeren Standorten mit höherer Wuchshöhe der Krautschicht und mit zunehmendem Abstand zum Feldrand begünstigt. In einem zweijährigen Wachstumsversuch wurden das Wachstum und das Reproduktionsvermögen der Silphie in Abhängigkeit von der Bodenfeuchte untersucht (Manuskript 2). Mit durchschnittlich 3 m Pflanzenhöhe und 1,5 kg Trockenbiomasse pro Pflanze das höchste Wachstum und mit etwa 350 Blütenköpfchen pro Pflanze das höchste Reproduktionsvermögen erzielte die Silphie unter feuchten Bodenbedingungen. Zum nassen und zum trockenen Bereich hin sanken diese Werte ab. Eine zukünftige Besiedlung von Lebensräumen mit feuchten Bodenverhältnissen ist demnach möglich, aber kritisch, da solche Lebensräume häufig von hohem naturschutzfachlichem Wert sind. Die Konkurrenzstärke der Silphie gegenüber heimischen Arten wurde am Beispiel der Großen Brennnessel (Urtica dioica) in einem vierjährigen Feldversuch untersucht (Manuskript 3). Die Biomasse der Silphie wurde zwar stark von Konkurrenz durch die Brennnessel reduziert, dennoch konnte sie sich gut unter diesen heimischen Pflanzen etablieren. Die Silphie reduzierte ihrerseits das Höhenwachstum der Brennnessel im niederschlagsreichen Jahr um ein Viertel und schränkte die Projektionsfläche der Brennnessel mit dem Alter zunehmend ein. Die Fähigkeit der Silphie sich zwischen der als konkurrenzstark bekannten Brennnessel zu etablieren und deren Wachstum zu hemmen, führt zu der Annahme, dass sie das Potenzial hat, naturschutzfachlich wertvolle Arten, die häufig konkurrenzschwächer sind, unterdrücken oder sogar verdrängen zu können. Für die Invasivität förderlich sind u. a. effektive Ausbreitungsvektoren und die Fähigkeit eine Samenbank aufzubauen. Diese Eigenschaften wurden in vier Einzelversuchen untersucht (Manuskript 4). Wind transportierte die Silphie-Samen nur wenige Meter weit und spielt somit für die Fernausbreitung keine Rolle. Nagetiere (Myodes glareolus und Apodemus spec.) nehmen Silphie-Früchte an und könnten somit als Ausbreiter ihrer Samen fungieren. Da sie ihre Vorräte allerdings meist in nur wenigen Metern Entfernung zum Sammelort anlegen, ermöglichen auch sie mutmaßlich keine Fernausbreitung. Im Wasser lagernd konnten Silphie-Früchte ihre Keimfähigkeit über vier Wochen erhalten. Somit könnten die Samen über Fließgewässer große Distanzen zurücklegen. In 30 cm Bodentiefe lagernd erhielten ein Drittel der Samen ihre Keimfähigkeit über vier Jahre. Modellberechnungen zufolge erlischt sie zwischen dem achten und dem 15. Jahr. In 10 cm Bodentiefe und an der Bodenoberfläche keimten die Samen bereits in den ersten zwei Jahren vollständig aus. Somit ist die Silphie nur in tieferen Bodenschichten fähig eine Samenbank aufzubauen und Jahre später neue Spontanvorkommen zu bilden, wenn die Samen wieder in die Nähe der Bodenoberfläche gelangen. Aus den Ergebnissen dieser Studien und einer umfangreichen Literaturrecherche wurde die Silphie nach der Methodik vom Bundesamt für Naturschutz als potenziell invasiv (Handlungsliste) eingestuft. Eine zukünftige Gefährdung der heimischen Biodiversität durch die Silphie ist damit nicht auszuschließen. Weitere Forschungen u. a. zum Konkurrenzverhalten gegenüber konkurrenzschwächeren Arten, zur Samenausbreitung im Wasser und über Erntemaschinen sowie zu geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen in der freien Natur sind erforderlich. Zudem ist ein Monitoring im Umfeld bestehender Silphie-Felder, besonders an Gewässern und in naturschutzfachlich wertvollen Habitaten, zu empfehlen, um eine mögliche Ausbreitung der Silphie in diesen und in angrenzenden Lebensräumen rechtzeitig zu identifizieren und ggf. einzudämmen.

Abstract in weiterer Sprache

The cup plant (Silphium perfoliatum) is native to eastern North America and has been used for several years in Germany and other European countries as bioenergy crop to produce biogas. Because of its good yield and its ecological advantages compared to the primary used bioenergy crop maize (Zea mays), meanwhile it is considered a proven alternative. Currently it is cultivated on 10,000 ha in Germany. Due to its productivity and high reproductive potential, the non-native cup plant could become established and spread, which could endanger native biodiversity or ecosystem services. This possible invasive potential is investigated and evaluated in the present thesis in four studies. The spontaneous colonization of the cup plant was recorded around eleven cup plant fields in northern Bavaria (Manuskript 1). The cup plant has settled spontaneously within a 15 m radius of all fields and in different habitats in a total of 224 plots of 1 to 60 individuals each. The probability of occurrence increased with decreasing distance to the field and with increasing age of the cup plant fields. Habitats without shrubs or trees with a portion of open ground of 25% were particularly favorable for cup plant settlement. The establishing (stem development) of cup plant was favored in warmer locations with a higher growth height of the herb layer and with increasing distance to the field. In a two-year field experiment, the growth and reproductive potential of the cup plant depending on soil moisture were investigated (Manuskript 2). With an average plant height of 3 m and 1.5 kg dry biomass per plant, the cup plant achieved the highest growth and with around 350 flower heads per plant the highest reproductive potential under moist soil conditions. These values decreased towards the wet and towards the dry conditions. Future colonization of habitats with moist soil conditions is therefore possible, but critical, since such habitats are often of high nature conservation value. The competitiveness of the cup plant compared to native species was investigated in a four-year field experiment using the common nettle (Urtica dioica) as model species (Manuskript 3). Although the biomass of the cup plant was greatly reduced by competition from the nettle, it was nevertheless able to establish among these native plants. The cup plant reduced the plant height of the nettle by a quarter in the year with high precipitation. Additionally, it increasingly restricted the projection area of the nettle with increasing age. The ability of the cup plant to establish among the competitive common nettle and to reduce its growth leads to the assumption that it has the potential to suppress valuable species that are often less competitive. Effective dispersal vectors and the ability to establish a seed bank contribute to the invasiveness of a plant species. These traits were investigated in four individual experiments (Manuskript 4). Wind dispersed cup plant seeds only over a few meters and thus plays no role in long-distance dispersal. Rodents (Myodes glareolus and Apodemus spec.) accept cup plant fruits and thus could be dispersers of their seeds. However, since they usually hoard their food only a few meters away from the place of collection, they presumably do not enable long-distance dispersal either. Stored in water, cup plant fruits were able to keep their germination ability for four weeks. Thus, the seeds could cover large distances via running water. Stored at a soil depth of 30 cm, one third of the seeds retained their ability to germinate for four years. According to model calculations, it expires between the eighth and 15th year. At a depth of 10 cm and on the soil surface, the seeds germinated completely in the first two years. Thus, the cup plant is only able to build up a seed bank in deeper soil layers to form new spontaneous occurrences years later when the seeds come close to the soil surface again. Based on the results of these studies and an extensive literature search, the cup plant was classified as potentially invasive according to the methodology of the Federal Agency for Nature Conservation. Hence, a future threat to native biodiversity from the cup plant cannot be excluded. Further research on e. g. competitiveness behavior against less competitive species, seed dispersal in water and via harvesters, and appropriate control measures are required. In addition, monitoring in the vicinity of existing cup plant fields, especially near water bodies and in habitats that are valuable for nature conservation, is recommended. This is essential to identify and, if necessary, control a possible spread of the cup plant in these and adjacent habitats.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation (Ohne Angabe)
Keywords: Ausbreitung; Biogaspflanze; Bodenfeuchte; Durchwachsene Silphie; Invasionspotenzial; Konkurrenzstärke; Neophyt; Silphium perfoliatum; Spontanvorkommen
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 580 Pflanzen (Botanik)
Institutionen der Universität: Serviceeinrichtungen > Ökologisch-Botanischer Garten
Serviceeinrichtungen
Sprache: Deutsch
Titel an der UBT entstanden: Ja
URN: urn:nbn:de:bvb:703-epub-7472-8
Eingestellt am: 26 Feb 2024 14:04
Letzte Änderung: 26 Feb 2024 14:05
URI: https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/7472

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