URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-6111-0
Titelangaben
Raab, Patricia:
Bildung zu Mikroplastik - Eine empirische Studie zu Einflussfaktoren auf das Lernen im Kontext der Umweltbildung.
2022
. - 167, XIII S.
(
Dissertation,
2021
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
Volltext
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Abstract
Der Umgang mit Kunststoffen und Mikroplastik ist aufgrund der globalen Kontamination eine enorme umweltpolitische Herausforderung. Für Akteure aus Politik und Industrie besteht akuter Handlungsbedarf. Gleichzeitig ist es die Pflicht des Konsumenten, die Konsequenzen seines Kaufverhaltens zu hinterfragen und seiner Verantwortung gerecht zu werden. Gesamtgesellschaftliches Ziel muss es sein, ein ökologisches Bewusstsein zu schaffen, indem man umweltschutzspezifisches Wissen etabliert, um letztlich umweltfreundliches Handeln zu fördern. Der stärkste bildungspolitische Ansatzpunkt hierfür ist eine, bis dato nicht im Lehrplan verankerte, schulische Auseinandersetzung mit Kunststoffen und Mikroplastik im Kontext des Umweltschutzes. Die vorliegende Arbeit nahm diese Ausgangssituation auf und befasste sich zum einen mit der Konzeptionierung, Evaluierung und Weiterentwicklung einer schulischen Umweltbildungsmaßnahme zum Thema Mikroplastik, zum anderen untersuchte sie Faktoren, die potenziell Einfluss auf das Lernen von Umweltinhalten haben. Teilarbeit A gibt Einblicke in den Zusammenhang zwischen der Tageszeitpräferenz und den Umwelteinstellungen. Mit Fokus auf das individuelle Persönlichkeitsmerkmal der Tageszeitpräferenz zeigte sich geschlechtsunabhängig, dass jüngere Schüler eine Präferenz für Morgenstunden besitzen, während ältere Schüler stärker zu den Abendstunden tendieren. Bei Betrachtung der Beziehungen der beiden Konstrukte zueinander erkannte man folgenden positiven Zusammenhang: Schüler mit einer ausgeprägten Präferenz für die Morgenstunden scheinen stärker umweltschützende und wertschätzende Einstellungen gegenüber der Natur zu besitzen. Das Verständnis für persönlichkeitsspezifische Zusammenhänge dieser Art kann wichtige Impulse für ein verbessertes Lehrangebot geben. In Teilarbeit B wurde ein lehrplankonformes Unterrichtsmodul zum Thema Mikroplastik in der Primarstufe entwickelt, durchgeführt und evaluiert. Mit dem Ziel, eine effektive und nachhaltige Wissensvermittlung besser zu verstehen, wurde das identische Unterrichtsmodul an zwei Lernorten (inner- und außerschulisch) durchgeführt. In einem lernerzentrierten Ansatz erarbeiteten Schüler eigenständig alltagsrelevante Inhalte zu Quellen, Senken, Eintragspfaden und Umweltauswirkungen von Mikroplastik sowie Handlungsoptionen mit entsprechenden Materialien an Lernstationen. Die Schüler verzeichneten an beiden Lernorten einen kurz- und langfristigen Erwerb umweltrelevanten Wissens über Mikroplastik. Unabhängig von der Intensität ihrer individuellen Umwelteinstellungen erreichte das Unterrichtsmodul alle Schüler ähnlich effektiv. Sowohl Schüler mit einer hohen als auch mit einer niedrigen Ausprägung ihrer Umwelteinstellungen lernten signifikant dazu und konnten den Wissensstand auch noch nach sechs Wochen abrufen. In einem Regressionsmodell zeigte sich die Naturausnutzungspräferenz noch vor der Naturschutzpräferenz als stärkster Prädiktor des Wissens zum Testzeitpunkt T1 (direkt nach der Teilnahme). Dabei beschreibt das Modell einen plausibel nachvollziehbaren negativen Einfluss der Naturausnutzungspräferenz auf individuelles Wissen, während die Naturschutzpräferenz positive Effekte bedingt. Der Lernort erwies sich als relativ schwacher Prädiktor des Wissens zu T1, wobei der innerschulische Lernort im Vergleich zum außerschulischen Lernort ein höheres Wissen postulierte. Statistisch signifikant war die Überlegenheit des innerschulischen Lernorts lediglich zum dritten Testzeitpunkt T2 (sechs Wochen nach der Intervention). Das für die Interventionsstudie (Teilarbeit B) konzipierte, und darin durchgeführte Unterrichtsmodul, wurde in Teilarbeit C weiterentwickelt. Auf Grundlage von Erfahrungen und Rückmeldungen aus der Praxis wurden organisatorische, methodische und inhaltliche Anpassungen vorgenommen, um im Sinne des schülerzentrierten Ansatzes die eigenständige Arbeit der Schüler weiter zu stärken. Hierzu zählten die Erweiterungen vorhandener Lernstationen mit Aufgaben, die den Alltagsbezug erhöhen sowie die Integration einer neuen Lernstation, in der die Schüler nachhaltige Handlungsoptionen im Umgang mit Kunststoffen kennenlernen. Das angepasste Unterrichtsmodul wurde anschließend für einen losgelösten Einsatz Lehrpersonen zur Verfügung gestellt. Teilarbeit D analysierte Vorstellungen von Studierenden zum Thema Mikroplastik. Die Ergebnisse liefern fundierte, themenspezifische Ansatzpunkte zur Entwicklung von Bildungsmaßnahmen in der Sekundarstufe sowie von Outreach-Aktivitäten, geleitet durch außerschulische Experten. Ein Großteil der Studierenden definierte Mikroplastik als kleine Kunststoffpartikel. Bereits im Begriffsverständnis zeigte sich eine starke Assoziation zu den negativen Konsequenzen von Mikroplastik. Kunststoffverpackungen zählten gefolgt von Körperpflegeprodukten zu den bekanntesten Quellen im Haushalt. Weitaus weniger Studierende nannten beispielsweise Kunststoffgegenstände oder Textilien. Weitere Mikroplastikquellen, wie Hygieneartikel, waren den Studierenden völlig unbekannt. Verglichen mit den Meeren, den Seen und Flüssen, vermuteten relativ wenige Studierende eine Mikroplastikkontamination des Grundwassers. Die abgefragte Gefahreneinschätzung deutete auf eine hohe Sensibilität der Studierenden hin. Die genannten Gründe hierfür waren vielfältig. Sie reichten von Folgen für die Umwelt bis hin zur Aufnahme von Mikroplastik als bzw. mit Nahrung durch Tiere und Menschen. Die Hauptinformationsquelle der Studierenden waren die Medien. Zusammenfassend leistet diese Arbeit vor allem zweierlei: Zum einen liefert sie ein praxiserprobtes, lehrplankonformes und wissensbildendes Unterrichtsmodul zum Thema Mikroplastik, zum anderen zeigt sie Effekte von schülerindividuellen sowie lerninfrastrukturellen Einflussfaktoren und daraus resultierende Implikationen für ein zielführendes Lernen.
Abstract in weiterer Sprache
Protecting the planet from the contamination with plastics and microplastics is an immediate environmental challenge. Stakeholders in both government and industry are encouraged to take instant action. Yet, consumers need to reflect on the consequences of their buying behavior and act more responsibly. Such reflection and environmentally-friendly action require specific knowledge. Imparting this knowledge and creating pro-environmental awareness should, thus, be the objective of future educational policy since neither the effect of plastics nor microplastics is, as yet, part of the curriculum. The present thesis considered this initial situation. On the one hand, it conceptualized, evaluated, and advanced an environmental educational measure on microplastics; on the other hand, it investigated factors potentially influencing ecological content learning. Study A provides insights into the relationship between environmental values and circadian preference. Scrutinizing the individual personality trait of circadian preference showed that - irrespective of gender - younger students preferred morning hours while older students favored evening hours. Analyses of environmental values and circadian preference produced positive correlations between environmental values and morning preference: `early birds` seem to have increased preservative and appreciative attitudes towards nature. Understanding personality-specific relations like these can provide important impulses for future teaching. In study B, a curriculum compliant learning module on microplastics was designed, implemented, and evaluated in primary schools. To better comprehend an effective and sustainable knowledge enhancement, the identical learning module was performed at two different learning locations (in-school and out-of-school). The module followed a student-centered approach. Students used the material provided at learning stations to independently acquire knowledge relevant to their everyday life on microplastic sources, sinks, pathways, environmental consequences as well as on strategies to take action. The students recorded a short- and long-term acquisition of environmentally relevant knowledge about microplastics at both learning sites. Regardless of the student's environmental value's intensity, the module affected all students in similar strength. Students, both with strong or weak environmental values, increased their knowledge and retained this level over six weeks. A regression model proved utilization of nature to be the strongest predictor of knowledge at T1 (directly after participation), followed by preservation of nature. The model also indicated that utilization of nature negatively influences personal knowledge, while preservation of nature has a positive effect. The learning site proved to be a relatively weak predictor of knowledge at T1. The in-school location postulated higher knowledge at T1 compared to the out-of-school site. However, the superiority of the in-school learning site was statistically significant at T2 only (6 weeks after the intervention). The learning module designed for and implemented in the intervention study (study B) was refined in study C. Based on experience and feedback from practice, adjustments were made to intensify the students' learning autonomy. This entailed organizational, methodological, and content-related adaptations, including, for instance, the integration of tasks that increase the relevance to everyday life. In addition to the former learning stations, a new one was included to explore the sustainable use of plastics. Subsequently, the adapted learning module was disseminated to teachers for independent use. Study D analyzed students' conceptions of microplastics. Its results provide well-founded, topic-specific starting points for developing teaching units in secondary education or outreach activities led by experts. The majority of the students defined microplastics as small plastic particles. The students' understanding of the term revealed a strong association between microplastics and its negative consequences. Plastic packaging, followed by personal care products, were the best-known sources of microplastics in the household, while only a few mentioned plastic objects or textiles, and no one pointed out hygiene products. Compared to oceans, lakes, and rivers, few students recognized the microplastic contamination of groundwater. The risk evaluation unveiled students' high threat awareness. The addressed reasons were diverse, ranging from environmental consequences to the ingestion of microplastics by animals and humans. Students indicated to have obtained their information primarily from the media. This thesis meets particularly two objectives: Firstly, it provides a practice-approved, curriculum compliant, and knowledge-generating learning module on the topic of microplastics. Secondly, it shows effects of student-related and infrastructural factors, which provide implications for effective learning.