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Die Zukunft von Versicherungen und Verantwortung im Zeichen des Klimawandels : Eine qualitative Analyse der Akteursperspektive am Beispiel von Australien und Deutschland

DOI zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00008568
URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-8568-6

Titelangaben

Plaß, Julia:
Die Zukunft von Versicherungen und Verantwortung im Zeichen des Klimawandels : Eine qualitative Analyse der Akteursperspektive am Beispiel von Australien und Deutschland.
Bayreuth , 2025 . - XI, 117 S.
( Dissertation, 2025 , Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)

Angaben zu Projekten

Projektfinanzierung: Deutscher Akademischer Austauschdienst

Abstract

Versicherungen, deren Ursprünge im mittelalterlichen Italien liegen, haben sich im Verlauf der Jahrhunderte zu einem zentralen Mechanismus im Umgang mit (Umwelt-)Risiken und damit einhergehend zur Steigerung gesellschaftlicher Resilienz entwickelt. Damit stellen Versicherungen ein wichtiges Mittel des Staates dar, um die Verantwortung im Umgang mit Risiken von Regierungsinstitutionen auf Privatpersonen zu übertragen und damit zu vergesellschaften. Mit der Zunahme von Extremwetterereignissen infolge des Klimawandels sowie unzureichenden Anpassungsmaßnahmen geraten jedoch die Versicherungsbranche und Haushalte zunehmend unter Druck. Einerseits findet eine räumliche Ausdifferenzierung von Siedlungsgebieten hinsichtlich ihrer Versicherbarkeit und der Bezahlbarkeit von Versicherungsprämien, insbesondere in Gebieten, die regelmäßig von Elementargefahren, wie Überschwemmungen oder Buschbränden betroffen sind, statt. Andererseits erschwert die zunehmende Intensität und Frequenz dieser Ereignisse, es Haushalten eine präzise Risikoeinschätzung vorzunehmen und entsprechende Anpassungsstrategien zu entwickeln. Dies führt zu einer wachsenden Herausforderung in Bezug auf die Versicherbarkeit von Risikoarealen und den Zugang zu Versicherungsschutz. Die Erforschung räumlicher und sozialer Ungleichheiten u.a. aufgrund des Klimawandels stellt ein zentrales Element der geographischen Auseinandersetzung mit Risiken dar. Im Hinblick darauf hat auch die Auseinandersetzung mit Versicherungen in den vergangenen Jahren zugenommen, stellt jedoch weiterhin ein unzureichend erforschtes Feld in den Sozialwissenschaften und auch in der Humangeographie dar. Dabei fokussieren sich bestehende (geographische) Forschungsarbeiten überwiegend mit der Perspektive von Haushalten. Angesichts dieser aktuellen Entwicklungen und des Forschungsbedarfes innerhalb der Geographie zielt die vorliegende Dissertation darauf ab, zentrale Dimensionen und Faktoren zu identifizieren, die die sozial-räumliche Diskrepanz der Versicherungsabdeckung und damit einhergehend die Vulnerabilität von städtischen und ländlichen Haushalten beeinflussen. Die Forschung der vorliegenden Dissertation umfasst zwei Fallstudien zu Australien und Deutschland. Diese Gegenüberstellung in einem „most similar case design“ ermöglicht es, Analogien und Differenzen der Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf das Versicherungswesen sowie die Vulnerabilität und Resilienz von Haushalten in zwei unterschiedlichen nationalen Kontexten zu untersuchen. Australien ist aufgrund seiner klimatischen Bedingungen und der Häufigkeit von Extremwetterereignissen von besonderem Interesse, da sich die dortigen Versicherungsunternehmen bereits heute mit Fragen der Versicherbarkeit in Hochrisikoregionen und steigender Prämien auseinandersetzen müssen. Deutschland hingegen war in der Vergangenheit selten von Extremwetterereignissen betroffen, sieht sich jedoch insbesondere nach der verheerenden Flut im Ahrtal im Jahr 2021 mit einer erneuten Diskussion über die Einführung einer Elementargefahrenpflichtversicherung konfrontiert. Die zunehmende räumliche Divergenz innerhalb der Risikobewertung von Siedlungsgebieten erfordert außerdem eine Untersuchung der sich verändernden Rolle von Versicherungen (Gebäude- und Hausratversicherungen in Australien und Elementarschadenversicherungen in Deutschland). Um ein Gesamtbild der aktuellen und künftigen Bedeutung von Versicherungen zu erhalten, werden zudem die Verantwortungsbereiche anderer Akteur*innen im Risikomanagement (u.a. Haushalte und Regierungen) untersucht. Die Analyse von Veränderungen der Verantwortlichkeiten von Versicherern und anderen Akteur*innen finden in diesem Kontext bisher in geographischen Forschungsarbeiten kaum Beachtung. Die empirische Grundlage der Arbeit bildet eine explorative qualitative Forschung, die auf insgesamt 53 Interviews mit (Rück-)Versicherungs-, Rechts-, Finanz- sowie Stadtplanungsexpert*innen basiert. Diese wurden im Zeitraum von August 2022 bis Mai 2023 „face-to-face“ und virtuell durchgeführt. Durch die Berücksichtigung von Expert*innen verschiedener Disziplinen wird eine ergänzende Perspektive auf Herausforderungen im Umgang mit Extremwetterereignissen sowie sich verändernde Rollen verschiedener Akteur*innen ermöglicht. Die Forschung ergänzt somit bestehende wissenschaftliche Arbeiten, die den Fokus bislang vorwiegend auf die Perspektiven von betroffenen Haushalten gelegt haben. Auf Basis einer induktiven Analyse der Interviews konnten insgesamt vier theoretische Konzepte – Vulnerabilität, Resilienz, Versicherungen und Verantwortung – identifiziert werden, deren Wechselwirkungen maßgeblich den Umgang von Haushalten mit Extremwetterereignissen in beiden Ländern beeinflussen. Die Ergebnisse der Dissertation verdeutlichen, dass sowohl in Australien als auch in Deutschland die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen sowie die Individualisierung und damit Responsibilisierung von Risiken erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungsabdeckung und die Verräumlichung von Ungleichheiten haben. Dies stellt kann dazu führen, dass aktuelle Verantwortungsstrukturen in Frage gestellt werden, was unter Umständen eine vermehrte Verantwortungsverschiebung von Haushalten zurück zum Staat nach sich zieht. Damit einhergehend verlieren Versicherungen als Instrument zur Risikoindividualisierung und Steigerung der Resilienz an Bedeutung, was zu einer verstärkten Vulnerabilität räumlich und finanziell benachteiligter Haushalte resultiert. In Anbetracht dessen zeigt die Arbeit, dass der Umgang mit zunehmenden Extremwetterereignissen eine stärkere Verantwortungsteilung zwischen diversen Akteur*innen – einschließlich staatlicher Institutionen, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft – erfordert. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit legen nahe, dass die Versicherungen im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel nicht als zentrales Element von Haushalten im Umgang mit Elementargefahren angesehen werden können, sondern vielmehr als Teilaspekt zukunftsorientierter Resilienzstrategien, die auf einer Verantwortungsteilung diverser Akteur*innen beruht.

Abstract in weiterer Sprache

Over the centuries, insurance, with its origins dating back to medieval Italy, has developed into a central mechanism for dealing with (environmental) risks, thereby enhancing social resilience. Insurance can thus be regarded as an important instrument for the state to transfer responsibilities for risk management from state institutions to households. However, increasing extreme weather events, exacerbated by climate change and inadequate adaptation measures have placed considerable strain on both the insurance industry and households. One the one hand, there is a spatial differentiation of settlement areas in terms of their insurability and insurance affordability, especially in areas that are regularly affected by hazards such as floods or bushfires. On the other hand, the increasing intensity and frequency of such events makes it more difficult for households to correctly assess their individuals risks and implement appropriate adaptation measures which contributes to a growing insurability and insurance affordability challenge of high-risk areas. Research into spatial and social inequalities due to climate change is a central element of the geographical examination of risks. In light of this, there has been an increasing amount of scientific literature that focusses on insurance; however, it continues to be a relatively under-researched field within social sciences and human geography. Existing (geographical) research primarily emphasizes the perspectives of households. In regard of these developments and the need for increasing research in the domain of geography, this dissertation seeks to identify key dimensions and factors that influence the socio-spatial discrepancy in insurance coverage and, consequently, the vulnerability of households in rural and urban areas. The research in this dissertation encompasses two case studies, that focus on Australia and Germany. By employing a most similar case design for comparison, the dissertation examines both the analogies and differences in the impacts of extreme weather events on the insurance sector, as well as the vulnerability and resilience of households in two different national contexts. Australia is of particular interest due to its climatic conditions and the high frequency of extreme weather events. There, insurers already have to deal with challenges of insurability in high-risk areas and rising premiums. In contrast, Germany has been comparatively rarely affected by extreme weather events in the past but is now experiencing another discussion about the implementation of a compulsory elemental insurance, especially since the devastating Ahr Valley flood in 2021. The increasing spatial divergence within the risk assessment of settlement areas necessitates an examination of the evolving role of insurance, particularly in the context of house and contents insurance in Australia as well as elemental insurance in Germany. To obtain a comprehensive understanding of the present and future significance of insurance, the study also explores the responsibilities of other stakeholders in risk management, including governments and households. The analysis of changing responsibilities of insurers and other actors in this context has thus far received little attention in geographical research. The empirical basis of the research is an exploratory qualitative research based on a total of 53 semistructured interviews with (re)insurance, legal, financial and urban planning experts. The interviews have been conducted between August 2022 and May 2023, both online and in-person. By interviewing experts from various disciplines, a comprehensive perspective on the challenges of dealing with extreme weather events and the changing roles of various actors is achieved. By focusing on the views of experts from different disciplines, the research contributes to existing scientific research, which has so far mainly focused on the perspectives of affected households, while expanding this perspective through a more stakeholder-oriented approach. Based on an inductive analysis of the interviews, four theoretical concepts – vulnerability, resilience, insurance and responsibility – were identified whose mutual interconnections have a significant influence on how households deal with extreme weather events in both countries. The findings of the dissertation indicate that both, in Australia and Germany, the increasing frequency and intensity of extreme weather events, combined with the individualization and thus responsibilization of risks have a significant impact on insurance coverage and the spatialization of inequalities. This can lead to current responsibility structures being called into question, which may result in an increased shift of responsibility from households back to the state. Consequently, insurance is becoming less important as an instrument for risk individualization and increasing household resilience, which results in increasing vulnerability of spatially and financially disadvantaged households. In consideration of the aforementioned, the explorative study demonstrates that dealing with increasing extreme weather events requires a stronger share of responsibility among different stakeholders, encompassing state institutions, the economy, and civil society. The expert interviews imply that, in the context of climate change adaptation, insurance should not be regarded as a primary tool for household response to environmental hazards. Instead, it ought to be regarded as a component of future-oriented resilience strategies, based on a distribution of responsibilities among various stakeholders.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation (Ohne Angabe)
Keywords: Insurance; Elemental Insurance; Flooding; Climate Change
Themengebiete aus DDC: 300 Sozialwissenschaften > 300 Sozialwissenschaften, Soziologie
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 550 Geowissenschaften, Geologie
900 Geschichte und Geografie > 910 Geografie, Reisen
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Geowissenschaften > Lehrstuhl Kulturgeographie
Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School
Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Geowissenschaften
Graduierteneinrichtungen
Sprache: Deutsch
Titel an der UBT entstanden: Ja
URN: urn:nbn:de:bvb:703-epub-8568-6
Eingestellt am: 19 Aug 2025 08:26
Letzte Änderung: 19 Aug 2025 08:35
URI: https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/8568

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