URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-6860-8
Titelangaben
Wittmann, Lea U.:
Beiträge zur chemischen Totalsynthese hochfunktionalisierter bioaktiver natürlicher Tetramsäuren : Varicidin A und Varicidin B sowie JBIR-141 und JBIR-142.
Bayreuth
,
2023
. - IX, 311 S.
(
Dissertation,
2023
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
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Abstract
Im Allgemeinen sind Naturstoffe chemische Verbindungen, die in lebenden Organismen entstehen und pharmakologische Eigenschaften aufweisen. Sie können aus ihrem Ursprungs-organismus extrahiert und ihre Struktur und Eigenschaften aufgeklärt werden.[2] Schon lange werden sie als Quelle für neue Leitstrukturen für die Medikamentenentwicklung herangezogen, kommen entweder in ihrer unveränderten Form zum Einsatz oder ihre pharmakologische Wirkung wird durch gezielte Veränderung der Struktur beeinflusst.[3,4] Vielversprechende neue Leitstrukturen stellen auch die 2019 von TANG et al. entdeckten Fungizide Varicidin A (11) und Varicidin B (12)[25] sowie die 2015 von KAWAHARA et al. isolierten Foxo3a-Inhibitoren JBIR-141 (13) und JBIR-142 (14) dar.[26] Das gemeinsame Strukturmerkmal dieser Naturstoffe ist die 3 Acyltetramsäureeinheit (Abbildung 19, blau), wobei die 3-Acylseitenketten hier, verglichen mit anderen natürlich vorkommenden 3 Acyltetramsäuren, sterisch sehr anspruchsvoll sind. Die beiden Varicidine weisen zudem eine eher ungewöhnliche cis-Konfiguration im Decalinsystem und eine Carbonsäure auf, die in dieser Position bisher einmalig in der Natur ist (Abbildung 19, dunkelrot).[211] Neben der Tetramsäureeinheit sind in JBIR-141 und JBIR 142 zudem noch das säureempfindliche Oxazolinfragment (Abbildung 19, grün)[183,185] und die in der Natur sehr selten vorkommende N-Nitrosohydroxylamin-Funktion (Abbildung 19, orange)[31,32] zu erwähnen. Da in der Literatur nur wenige Methoden zur Darstellung solcher 3 Acyltetramsäuren mit sterisch anspruchsvoller Seitenkette bekannt sind[16,17,24,35], war es ein Ziel dieser Arbeit, neue Synthesewege hierfür zu etablieren. Außerdem sollte ein totalsynthetischer Zugang zu 11 und 12 erarbeitet werden, was gleichzeitig die erste Totalsynthese einer cis-konfigurierten 3 Decalinoyltetramsäure darstellen würde. Da die N-Nitrosohydroxylamin-Gruppe im Zusammenhang mit Naturstoffsynthesen noch nicht gut untersucht ist, sollte zudem anhand eines Modellsystems eine geeigneten Schutzgruppenstrategie entwickelt werden, die dann auf die Synthese der Naturstoffe 13 und 14 übertragen werden sollte. Im Modellsystem sollte auf die Acetyl-geschützte Hydroxyfunktion, den quartären Kohlenstoff und im Falle von JBIR-142 auch auf die zusätzliche freie Hydroxyfunktion (Abbildung 19, rosa) verzichtet werden. Da die Etablierung neuer Synthesemethoden zu Darstellung von 3-Acyltetramsäuren mit sterisch anspruchsvoller Seitenkette scheiterte, wurde für die Synthese der Naturstoffe jedoch auf literaturbekannte Methoden zurückgegriffen. Den Schlüsselschritt in der Synthese von Varicidin A (11) und Varicidin B (12) bildete eine intramolekulare DIELS-ALDER-Reaktion. Damit diese abläuft, musste die elektronenziehende Säurefunktion zunächst als geschützter Alkohol mitgebracht werden, um eine Deaktivierung des Diensystems zu vermeiden. Um die Bildung der richtigen Konfiguration des aufzubauenden Decalinsystems zu bewirken, sollte zum einen das Dienophil E und beide Doppelbindungen des Diens Z-konfiguriert sein. Zum anderen sollte durch geschickte Wahl der LEWIS-Säure während der IMDA eine Rigidisierung des Übergangszustands durch Chelatisierung erreicht werden, sodass der Rest an C-5 der Tetramsäureeinheit zu einer zusätzlichen Stereoinduktion beiträgt. Der für die IMDA benötigte Trien-Vorläufer konnte mit einer Ausbeute von 27% über 6 Stufen erfolgreich dargestellt werden, wobei eine Domino-Additions-WITTIG-Olefinierung unter Verwendung des BESTMANN-Ylid nach SCHOBERT et al. den Schlüsselschritt bildete.[66] Die anschließende IMDA konnte jedoch weder unter thermischen Bedingungen noch durch LEWIS-Säure-Katalyse induziert werden. Um das Scheitern der IMDA besser zu verstehen, wurden daher vier Testsysteme entwickelt, deren Verhalten während einer IMDA aus zeitlichen Gründen jedoch nicht weiter untersucht werden konnte. Die beiden Naturstoffe JBIR-141 (13) und JBIR-142 (14) konnten retrosynthetisch in drei Hauptbausteine untergliedert werden, wobei jeder eine der drei strukturellen Besonderheiten des Moleküls trug. Der Oxazolinbaustein (Abbildung 19, grün) sollte als Carbonsäure in einer Peptidkupplung mit der Amin-Gruppe des entsprechende Mittelfragments umgesetzt werden. In einer YAMAGUCHI-Veresterung sollte die Tetramsäure (Abbildung 19, blau) als Alkohol mit der Säurefunktion des Mittelbausteins reagieren. Das Oxazolinfragment und die Tetramsäureeinheit sollten sowohl für beide Naturstoffe als auch für das zur Etablierung einer geeigneten Schutzgruppenstrategie verwendete Modellsystem identisch sein, wohingegen das Modellmittelfragment im Vergleich zu den Naturstoff-Mittelfragmenten um die in Abbildung 19 rosa-markierten Teile vereinfacht war. Die Synthese des Oxazolinbausteins gelang ausgehend von L-Alanin und L-Threonin in 48% über 5 Stufen mit einer Dehydratisierungsreaktion als Schlüsselschritt. Die Tetramsäure konnte in 27% über 10 Stufen ausgehend von N-Boc-L-alanin und (S)-2-Hydroxy-3-methylbutansäure dargestellt werden. Für das Modellsystem wurde der Modellmittelbaustein ausgehend von L-Glutaminsäure in 35% über 10 Stufen erhalten. Auch die Entschützung und Verknüpfung der Bausteine miteinander gelang mit einer Ausbeute von 21% über 6 Stufen. Die Synthese der Mittelbausteine und die zu den jeweiligen Naturstoffen unter Berücksichtigung der anhand des Modellsystems erarbeiteten Schutzgruppenstrategie konnte im Rahmen dieser Arbeit leider nicht finalisiert werden. Es gelang jedoch die Synthese eines Schlüsselbausteins, von dem aus beide Naturstoffe zugänglich sein sollten. Sowohl das Modellsystem als auch die drei Modellsystembausteine und eine Zwischenstufe, bestehend aus Modellmittelbaustein und Tetramsäureeinheit, wurden auf ihre Zytotoxizität und ihre antimikrobiellen Eigenschaften hin untersucht. Keine der getesteten Substanzen zeigte nennenswerte Aktivitäten.
Abstract in weiterer Sprache
In general, natural products are chemical compounds that are produced by living organisms and possess pharmacological properties. They can be extracted from the organism of origin and their structure and properties can be determined.[2] Natural products have long been used as a source of new lead structures in drug development, either in their unmodified form or with specific modifications of their structure influencing their pharmacological effects.[3,4] Amongst these promising new lead structures are the fungicides Varicidin A (11) and Varicidin B (12) which were discovered in 2019 by TANG et al.[25] and the Foxo3a inhibitors JBIR-141 (13) und JBIR-142 (14) isolated by KAWAHARA et al. in 2015.[26] Their common structural characteristic is a 3-acyl tetramic acid (Figure 19, blue) with a 3-acyl sidechain that is sterically more demanding than that of other natural occurring 3-acyl tetramic acids. In addition, the Varicidins show an unusual cis configuration in the decalin system and a carboxylic acid, whose positioning is so far unique in nature (Figure 19, darkred).[211] Besides the tetramic acid, JBIR-141 and JBIR 142 possess an acid-sensitive oxazoline moiety (Figure 19, green)[183,185] and a N-nitrosohydroxylamine function that is very rare in nature (Figure 19, orange).[31,32] Sine only few methods for the synthesis of 3-acyl tetramic acids carrying sterically demanding sidechains are known in literature[16,17,24,35], one aim of this work was to establish a new method for this purpose. In addition, a total synthesis for 11 and 12 should be developed, being the first total synthesis of a cis-configured 3-dacalinoyl tetamic acid so far. As the N nitrosohydroxylamine function has not been well studied in the context of natural products synthesis, a suitable protecting group strategy, which could be transferred to the synthesis of the natural products 13 and 14, should be evolved using a model system lacking the acetyl-protected hydroxy group, the quaternary carbon and, in case of JBIR-142, the additional hydroxy function (Figure 19, pink). Establishing a new protocol for the synthesis of 3-acyl tetramic acids carrying a sterically demanding sidechain failed. Therefore, methods known from literature were used in the natural products syntheses. Key step in the synthesis of Varicidin A (11) and Varicidin B (12) was an intramolecular DIELS ALDER reaction. Therefore, the electron withdrawing carboxylic acid had to be converted to a protected alcohol to avoid the deactivation of the diene. To initiate the formation of the decaline with the right configuration, the dienophile should be E- and both double bonds of the diene should be Z configured. In addition, the choice of the right LEWIS acid should rigidise the IMDA transition state by chelatisation to allow the residue at the C-5 position of the tetramic acid to add to the stereo induction. The triene needed during the IMDA was synthesised in 27% over 6 steps using the BESTMANN-Ylid in the key domino-addition-WITTIG-olefination following a protocol of SCHOBERT et al..[66] However, the subsequent IMDA could not be realized neither using thermal conditions nor LEWIS acid catalysis. To understand the failure of the IMDA, four test systems were developed. Due to lack of time, their behaviour in an IMDA could not be evaluated further. Retrosynthetic analysis of JBIR-141 (13) and JBIR-142 (14) lead to three main building blocks, each of which carrying one of the specific structural characteristics of the molecules. The oxazoline building block (Figure 19, green) as the carboxylic acid should undergo a peptide coupling with the amine of the central building block. The tetramic acid (Figure 19, blue) should react as an alcohol in a YAMAGUCHI esterification and be bound to the carboxylic acid function of the central building block. The oxazoline and the tetramic acid would be identical in the syntheses of both natural products and the model system whereas the model central building block would be simplified by the in Figure 19 pink-marked parts. The synthesis of the oxazoline moiety was realized in 48% over 5 steps starting from L alanine and L-threonine using a dehydratisation as the key reaction. A 10-step synthesis starting from N-Boc-L-alanine and (S)-2-hydroxy-3-methylbutanoic acid yielded the teramic acid in 27%. For the model system, the central building block was prepared in 35% over 10 steps starting from L-glutamic acid. The deprotection and coupling of these building blocks could be conducted in 21% over 6 steps. The syntheses of the natural products central building blocks and their coupling, considering the established protecting group strategy, could not be finalised. Nevertheless, the synthesis of a key compound could be realised, based on which both natural products should be accessible. The model system as well as its three building blocks and an intermediate, containing the model central building block and the tetramic acid moiety, were tested for their cytotoxic and antimicrobial activities. None of the tested compounds showed any significant activity.