URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-3074-8
Titelangaben
Larsen, Yelva:
Energie als Querschnittskonzept im naturwissenschaftlichen Unterricht : Entwicklung evidenzbasierter Vermittlungsstrategien und schulpraktische Implementierung.
Bayreuth
,
2025
. - 116 S.
(
Dissertation,
2015
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
Volltext
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Abstract
Eine naturwissenschaftliche Grundbildung zum Energiekonzept spielt in allen Lebensbereichen eine zentrale Rolle und erfährt in einem schulischen Kontext einen hervorgehobenen Stellenwert. Energie ist eine abstrakte Vorstellung und kann nur gekoppelt an Objekte wahrgenommen werden. Das Energiekonzept kommt im Biologie-, Chemie- und Physikunterricht unterschiedlich zur Anwendung und eine fächerverbindende Vermittlung stellt eine besondere Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund wurde eine phänomenorientierte und fächerverbindende Lernumgebung entwickelt, welche beabsichtigt Erfahrungen im Sinne eines naturwissenschaftlichen Energiekonzepts zu stiften (vgl. Gropengießer, 2007). Die Lernwirksamkeit wurde hinsichtlich dem Verständnis der gezeigten Phänomene (Teilstudie A) und eines disziplinenübergreifenden Energiekonzepts (Teilstudie B) evaluiert. Darüber hinaus untersuchte Teilstudie C die Methode des „peer-monitoring“ als eigenverantwortliche Verhaltenskontrolle in Kombination mit „workbook guidance” zur Strukturierung phänomenorientierter, semiformeller Lernumgebungen. Die kognitive Metapherntheorie (Lakoff & Johnson, 1980) dient als theoretischer Forschungsrahmen: Energie kann bewusst über Wirkungen als auch unbewusst über Image-Schemata erschlossen (Lakoff & Johnson, 2008) und über konzeptuelle Metaphern beschrieben werden (Lancor, 2014a). Image-Schemata beruhen auf frühkindlichen körperlichen Erfahrungen (Lakoff & Johnson, 2008). Teilstudie A beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Interaktion einer phänomenorientieren Lernumgebung und Image-Schemata auf das Lernerverständnis von Energie. Es wurde ein Miniaturmodell entwickelt, das exemplarisch die Prozesse innerhalb einer realen Biogasanlage veranschaulicht; unterschiedliche energieabhängige Phänomene wurden dabei durch die Weiterleitung von Energie verbunden. Eine Fallstudie (n=23) unter Einbezug von Vermittlungsexperimenten mit 11 bis 16-Jährigen konnte darlegen, dass sich die Auseinandersetzung mit den dargestellten Phänomenen lernförderlich auf die Beschreibung zentraler Aspekte zum Energiekonzept auswirkte. Die Ergebnisse zeigen, dass neue Erfahrungen auf Grundlage bestehender Schemata interpretiert wurden. Zwei zentrale Image-Schemata konnten identifiziert werden: Das Personen-Schema und das Objekt-Schema. Im Gegensatz zu älteren Lernenden wendeten die meisten Lernenden bis 13 Jahre das Personen-Schema an und gebrauchten konzeptuelle Metaphern nicht als Analogie. Abstraktionsfähigkeit im Sinne eines „analogical reasoning” scheint eine Grundvoraussetzung eines fachlichen Verständnisses konzeptueller Metaphern als „Sprachbilder“ zu sein (vgl. Gentner et al., 2001). Insbesondere bei jüngeren Lernenden ohne Vorwissen sollte daher der Einsatz von Metaphern als erklärendes Element zur Vermittlung eines Energiekonzeptes kritisch reflektiert werden. In Teilstudie B wurden sechs Aspekte (Aufnahme, Abgabe, Umwandlung, Transport, Erhaltung und Entwertung von Energie) als besonders zentral für ein fächerverbindendes Energiekonzept erachtetet (Anhang 1). Auf Grundlage der systemischen Natur von Energie (“system nature of the concept of energy” Duit, 2014) werden die genannten Aspekte in den Naturwissenschaften jedoch kontextabhängig entweder in Bezug zu offenen oder abgeschlossenen Systemen gesetzt. In Teilstudie B wurden beide Systeme durch die Kombination eines offenen Systems (als gegenständliches Miniaturmodell) als Teil eines abgeschlossenen Systems (als Denkmodell) verbunden. Der Lernansatz einer gemeinsamen Repräsentation beider Systeme wurde mittels Fallstudien (n=12) unter Einbezug von Vermittlungsexperimenten mit 15 bis 16-Jährigen evaluiert. Innerhalb des offenen Systems stellte die Aufnahme, Weiterleitung und Abgabe von Energie keinen Widerspruch zu den Vorstellungen der Lernenden zur Energieerhaltung dar. Im Gegensatz zum offenen System hatten Lernende jedoch große Schwierigkeiten, die Energieerhaltung außerhalb des Modells zu erklären und wendeten fachlich falsche Konzepte an. Wahrnehmungslücken schienen hierbei durch Image-Schemata überbrückt worden zu sein. Zur Repräsentation der Energieerhaltung innerhalb eines abgeschlossenen Systems wird eine molekulare Perspektive diskutiert. In Teilstudie C flossen die Ergebnisse von Teilstudie A und B praxisorientiert in die Entwicklung und Umsetzung einer phänomenorientierten Ausstellung zum Schwerpunkt Bioenergie ein. Vor dem Anspruch formelle und informelle Lernumgebungen zu verbinden wurde sie als mobile Ausstellung mit „hands-“ und „minds-on“ Stationen umgesetzt (Anhang 2). Die Ausstellung rotiert mit dem Ansatz „Bringing the science center to school“ zwischen Schulen in Oberfranken, sie wurde bisher von ca. 4200 Lernenden besucht (August 2010 bis Juli 2015) und ist als offizielles UN-Dekade Projekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. „Peer-monitoring“ wurde zur Förderung einer eigenverantwortlichen Verhaltenskontrolle eingesetzt, welche auf kooperativem Lernen in Kombination mit einer „positiven Abhängigkeit“ (vgl. Konrad, 2014) basiert. Es wurde mit „self-monitoring“ in Bezug auf Wissenszuwachs, Motivation und Lernemotionen verglichen (n=470). Beim Zwischengruppenvergleich zeigte „peer-monitoring“ einen höheren Wissenszuwachs verbunden mit einer gesteigerten Kompetenzwahrnehmung und einer verringerten Wahrnehmung von Angst und Langeweile. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Steuerung durch Gleichaltrige nicht zwangsläufig als eine Einschränkung des Autonomieempfindens empfunden wird (vgl. Selbstbestimmungstheorie nach Deci & Ryan, 2008). „Peer-monitoring“ bietet strukturelle Steuerelemente, die ohne eine „top-down" Lehrerregulierung mit konkreten Lernzielen kombiniert werden können. Durch die einfache Umsetzung über Rollenzuweisungen kann es als Mittelweg zwischen Instruktion und Exploration, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule zur Anwendung kommen. Eine Selbstregulierung der Lernenden über das instruktionale Design eröffnet unterschiedlichste Umsetzungsmöglichkeiten, es bedarf weiterer Forschung und empirischer Daten zur Bestätigung kognitiver und affektiver Lernchancen.
Abstract in weiterer Sprache
Scientific literacy of the concept of energy plays an important role within all aspects of life and gets special emphasis in school. Energy as an abstract idea can only be perceived if linked to objects. Different characteristics of energy are part of biology, chemistry and physics education, and understanding energy as a cross-cutting concept presents a particular challenge. In this context, a phenomena-oriented and interdisciplinary learning environment was developed to foster experiences according to a scientific concept of energy (cf. Gropengießer, 2007); students` understanding of the presented phenomena (substudy A) and of energy as a cross-cutting concept (substudy B) was evaluated. In addition, substudy C examined the method of peer-monitoring in combination with workbook guidance to foster a self-responsible control of behaviour and to structure a phenomena-oriented, semiformal learning environment. The conceptual metaphor theory (Lakoff & Johnson, 1980) was applied as a research framework: Energy can be understood consciously by its effects as well as unconsciously by image schemata expressed with the help of conceptual metaphors (Lancor, 2014a). Image schemata are based on bodily experiences from early childhood (Lakoff & Johnson, 2008). Substudy A focuses on the interplay between a phenomena-oriented learning and image schemata on students` understanding of energy. A scale model was developed that exemplified the processes of a real biogas plant, using energy-dependent phenomena interlinked with each other by the transfer of energy. A case study (n=23) including teaching experiments with students between 11 and 16 years of age demonstrated that the examination of the presented phenomena helped students to describe key aspects of energy. Results confirmed that the interpretation of newly made experiences with energy was based on pre-existing schemata. Two central image schemata could be identified: The person schema and the object schema. In contrast to older students, most learners up to 13 years applied the person schema and did not use conceptual metaphors in an analogical sense. Abstract thinking and analogical reasoning seems to be an essential prerequisite for a sophisticated understanding of conceptual metaphors as analogical images (cf. Gentner et al., 2001). Consequently, a reflected and critical use of metaphors appears to be of particular importance in the process of communicating the concept of energy, especially with reference to younger children without pre-knowledge. In substudy B six aspects (input, transformation, transfer, degradation, output and conservation of energy) are deemed necessary to foster an interdisciplinary understanding of energy (app. 1). Still, based on the "system nature of the concept of energy” (Duit, 2014) the respective aspects are considered – depending on context - either in the light of closed or open systems. Both systems were combined by the representation of an open system (by using a scaled model) within a closed system (by using a mental model). The learning approach of a joint representation was evaluated using case studies (n = 12) that included teaching experiments with 15 to 16-year-old students. Within the open system, the input, transfer and output of energy did not contradict with students’ concepts of energy conservation. In contrast to the open system, students had serious difficulties to explain the conservation of energy outside of the scale model and applied non-academic concepts. In doing so, gaps in perception seemed to be filled with pre-exiting image schemata. A molecular perspective is discussed to illustrate the conservation of energy within a closed system. In substudy C obtained results of substudy A and B were incorporated into the development and implementation of a phenomena-oriented exhibition focusing on bioenergy. The mobile exhibition included minds-on and hands-on activity-stations to connect formal and informal learning (app. 2). Within the approach “bringing the science centre to school” it has been provided to schools in Upper-Franconia and has reached approximately 4200 students (August 2010 to July 2015). The exhibition received an award as a project of the UN decade “Education for sustainable development”. “Peer-monitoring” was used to implement a self-responsible control of behaviour, it is based on a cooperative learning approach combined with a “positive dependence” (cf. Konrad, 2014). It was compared with “self-monitoring” regarding the level of knowledge, motivation and learning emotions (n=470). A between group comparison underlined, that the application of peer-monitoring resulted in an increased level of knowledge combined with a better perception of competence, while anxiety and boredom levels diminished. There is some evidence that regulation was not necessarily correlated with a feeling of restriction if guided by a person of the same age (cf. self-determination theory; Deci & Ryan, 2008). Peer-monitoring offers structural elements of control, which can be combined with specific educational objectives without a “top-down” teacher regulation. With its easy application, both in class as well as in out-of-school learning it seems to be a semiformal compromise between instruction and exploration. Learners` mutual regulation by the instructional design opens up diverse opportunities and further research will be needed to confirm cognitive and affective learning outcomes.