Titelangaben
Barthmann, Kati:
Vorstellungen von Geographielehrkräften über Schülervorstellungen und den Umgang mit ihnen in der Unterrichtspraxis.
Bayreuth
,
2018
. - XII, 158, LXXIV S.
(
Dissertation,
2018
, Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT )
Volltext
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Abstract
Während in den letzten Jahren eine Vielzahl an Studien zu Schülervorstellungen im Geographieunterricht veröffentlicht worden sind (vgl. LUDWIGSBURG-LUZERNER BIBLIOGRAPHIE ZUR FORSCHUNG ÜBER ALLTAGSVORSTELLUNGEN IN DEN GEOWISSENSCHAFTEN, LLBG 2011), liegen in der Lehrerprofessionalisierungsforschung für die Geographie bisher keine empirisch belegten Erkenntnisse darüber vor, welche Vorstellungen Geographielehrkräfte zu Schülervorstellungen haben beziehungsweise zu ihren Vorstellungen darüber, welche Strategien sie einsetzen, um mit ihnen in der täglichen Unterrichtspraxis umzugehen. Ziel der vorliegenden Dissertation war es, einen Beitrag zur Minimierung dieser Forschungslücke zu leisten. Die Ergebnisse sind für die Lehrerprofessionalisierungsforschung von Interesse, da sich aus den Erkenntnissen Hinweise und Handlungsanregungen für die Gestaltung von Aus- und Weiterbildungskonzepten in allen drei Phasen der Lehrerbildung für das Unterrichtsfach Geographie ableiten lassen. Die didaktischen Implikationen sehen Zusammenhänge mit dem theoretischen Modell der didaktischen Rekonstruktion nach KATTMANN, DUIT, GROPENGIEẞER & KORMOREK (1997). Als theoretischer Forschungsrahmen für die gesamte Studie wurde das Modell der allgemeinen Handlungskompetenz nach BAUMERT & KUNTER (2006) gewählt, da sich in seiner Struktur sowohl das fachdidaktische Professionswissen als auch die Überzeugungen von Lehrkräften, die unter anderem durch ihre subjektiven Theorien und epistemologischen Überzeugungen zum Lehren und Lernen von Geographie deutlich beeinflusst werden, wiederfindet. Die Vorstellungen von Lehrkräften über Schülervorstellungen werden neben anderen Einflussfaktoren wie Motivation oder Selbstwirksamkeitsüberzeugungen insbesondere durch das Zusammenspiel ihres Professionswissens mit ihren erfahrungsbasierten Überzeugungen geprägt und über die daraus entwickelten Handlungsstrategien in Praxis des Geographieunterrichts sichtbar. Insofern sind Lehrervorstellungen ein bedeutsamen Faktor der „professionellen Kompetenz” (KIRCHNER 2016, S. 375) von Lehrerinnen und Lehrern. Da im Fokus der Studie die Gewinnung von Einblicken in die komplexen Vorstellungswelten von Geographielehrkräften über Schülervorstellungen stand, wurden in einer explorativen qualitativen Studie 17 Geographielehrkräfte aus bayerischen Realschulen und Gymnasien mit Hilfe problemzentrierter, leitfadengestützter Einzelinterviews (GLÄSER & LAUDEL 2016; WITZEL 2000) zu ihren Vorstellungen befragt. Die Anzahl der zu befragenden Lehrkräfte richtete sich am Prinzip der theoretischen Sättigung aus (GLASER & STRAUSS 2010). Das Prinzip der Varianzmaximierung (PATTON 2002) war bestimmend für die Auswahl der Interviewpartnerinnen und -partner bei Zugrundelegung ausgewählter persönlicher Parameter wie Dienstalter, Fächerkombination, Schulart und Funktionstätigkeiten. Als Instrument zur Datenauswertung wurde die qualitative Inhaltsanalyse (MAYRING 2002; NIEBERT & GROPENGIEẞER 2014) eingesetzt, wobei die ersten Auswertungsschritte computergestützt, unter Zurhilfenahme der Auswertungssoftware MAXQDA, vorgenommen wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Geographielehrkräfte aufgrund ihrer Berufserfahrungen und nicht aufgrund ihres durch Ausbildung erworbenen Professionswissens theorieähnliche subjektive Theorien über Schülervorstellungen entwickelt haben. Hinsichtlich ihrer Bedeutung werden Schülervorstellungen ambivalent – sowohl als Lernchance als auch als Lernhindernis – bewertet. Die Vorstellungen der befragten Lehrkräfte zum Umgang mit Schülervorstellungen im Geographieunterricht weisen unabhängig von der Berufserfahrung große Ähnlichkeiten auf. Es zeigte sich, dass sich ein konstruktivistischer Umgang mit Schülervorstellungen bisher noch nicht durchgesetzt hat. Ein Unterrichten auf der Basis des klassischen Conceptual-Change-Ansatzes (POSNER ET AL. 1982) ist erst in Ansätzen erkennbar. Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass die Berufserfahrung der Geographielehrkräfte allein nicht ausreicht, um mit Schülervorstellungen im Geographieunterricht konstruktivistisch umzugehen. Das fehlende Professionswissen über Schülervorstellungen wird somit in nicht unerheblichem Maße von tief verankerten Überzeugungen und Werthaltungen zum Lehren und Lernen ersetzt. Die Modifikation von Lehrervorstellungen sollte demzufolge in allen Phasen der Lehrerbildung, insbesondere auch in der Lehrerfortbildung verankert werden und neben der Schärfung des Professionswissens vor allem auf die reflektierte Veränderung der Überzeugungsmuster zum Umgang mit Schülervorstellungen ausgerichtet sein.
Abstract in weiterer Sprache
In the last few years many studies on students‘ conceptions in geography lessons have been published (LUDWIGSBURG-LUZERNER BIBLIOGRAPHIE ZUR FORSCHUNG ÜBER ALLTAGSVORSTELLUNGEN IN DEN GEOWISSENSCHAFTEN 2011). However, in teacher professionali-zation research for geography empirical improving findings about geography teachers‘ beliefs on students’ conceptions and their own strategies on how to deal with them in normal teaching practice do not currently exist. The aim of this dissertation was to contribute to minimize this research gap. The results are of interest for teacher professionalization research, as they lead to treatment suggestions for designing training and further education concepts in all three stages of geography teacher training. The educational guidelines are based on the theoretical model of didactical reconstruction according to KATTMANN, DUIT, GROPENGIEßER & KORMOREK (1997, 2013). As a theoretical framework for the entire study, the model of professional management competency according to BAUMERT & KUNTER (2006) was chosen. In its structure it contains pedagogical content knowledge as well as teachers‘ beliefs, which are significantly influenced, inter alia, by their subjective theories and epistemologically convictions about geographical teaching and learning. Teachers‘ beliefs on students‘ conceptions are especially shaped by the interaction between their pedagogical content knowledge and their convictions based on experience in addition to other factors like motivation or belief in self-efficacy. They become visible through the developed treatment strategies in the practice of geographical lessons. Consequently, teachers‘ beliefs are an important factor of teachers‘ „professional competence“ (KIRCHNER 2016, S. 376). For gaining insights into the complex conceptual worlds of geography teachers about students‘ conceptions, 17 geography teachers from Bavarian secondary schools of both types (Realschule and Gymnasium) have been questioned about their beliefs in problem-focused interviews (GLÄSER & LAUDEL 2016; WITZEL 2000) during an explorative, qualitative study. The number of questioned teachers was based on the principle of theoretical saturation (GLASER & STRAUSS 2010) The principle of maximum variation sampling determined the selection of interviewees by defining personal parameters like seniority, combination of subjects, type of school and function. The qualitative content analysis (MAYRING 2002, 2015; NIEBERT & GROPENGIEßER 2014) was used as instrument for the data analysis. The first steps of evaluation were computer-based with the help of the evaluation software MAXQDA. A result of the study is that the work experience of geography teachers is not sufficient to develop strategies for dealing with students‘ conceptions. Regarding their importance, students‘ conceptions are evaluated ambivalently: as a learning chance and as a learning obstacle. The beliefs of the teachers questioned how to deal with students‘ conceptions in geography lessons are very similar, regardless of work experience. It shows that a constructivist dealing with students‘ conceptions has not been accepted yet. Teaching based on the classical conceptual-change approach (POSNER, STRIKE, HEWSON & GERTZOG 1982) is recognizable only in its beginnings. A further insight of the study shows that work experience of geography teachers alone is not enough to deal with students‘ conceptions in a proper, constructivist way. The lacking pedagogical content knowledge about students‘ conceptions is replaced, to a not insignificant degree, by deep rooted beliefs and values of teaching and learning. The modification of teachers‘ beliefs should be established firmly in all stages of teacher training, particularly in further teacher training. Furthermore, teacher trainings should concentrate on the reflective change of belief systems about dealing with students‘ conceptions in addition to the improvement of pedagogical content knowledge.