Titelangaben
Knüttel, Helge:
Flavonoidinduzierte phänotypische Plastizität in der Flügelfärbung des Bläulings Polyommatus icarus (Lepidoptera: Lycaenidae) und ihre Bedeutung für Partnerwahl und Arterkennung.
Bayreuth
,
2003
(
Dissertation,
2003
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
Volltext
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Abstract
Ich berichte über den ersten bekannten Fall, bei dem sequestrierte sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe das äußere Erscheinungsbild eines Insekts im ultravioletten (UV) Spektralbereich verändern und dadurch die visuell vermittelte Partnerwahl beeinflussen. In jüngerer Zeit wurden zunehmend Daten verfügbar, die zeigen, daß die Larven des Gemeinen Bläulings Polyommatus icarus in Abhängigkeit von der Art und dem Organ der Futterpflanze spezifisch Flavonoide unterschiedlicher Typen und Mengen sequestrieren. Während der späten Puppenentwicklung wird der Großteil der Flavonoide in die Flügel eingelagert. Bisher war nicht bekannt, ob die UV-Licht absorbierenden Flavonoide auch als Flügelpigmente wirken und die visuelle Erscheinung verändern. In umfangreichen Zuchtexperimenten zog ich Raupen von P. icarus auf fünf künstlichen Diäten auf, die sich nur im Flavonoidgehalt unterschieden, sowie auf natürlichem Futter (Blüten und Blätter von Pflanzenarten aus fünf Gattungen). Mit UV-Photographie und Spektroradiometrie konnte ich zeigen, daß die Mengen und Zusammensetzungen der Flavonoide in der Larvennahrung die Flügelmuster der resultierenden Falter im UV bestimmen. Die mittlere Reflexion weißer Flügelbereiche im UV- und im Violett-Bereich korrelierte negativ mit der sequestrierten Flavonoidmenge. Die hohe gefundene Variabilität der Flügelfärbung wurde dabei vor allem durch die unterschiedlichen Flavonoidgehalte des Futters verursacht, aber auch durch individuelle, physiologische Unterschiede der Tiere. In Labor- und Freilandverhaltensversuchen bevorzugten männliche Schmetterlinge klar flavonoidreiche, UV-absorbierende Weibchenattrappen. Diese Präferenz im Nahbereich wird visuell durch das UV-Muster der Flügel vermittelt. Verschiedene Teile und Arten von Futterpflanzen unterscheiden sich im Wert als Futterquelle, so daß ultraviolette Flügelmuster möglicherweise die Qualität eines potentiellen Paarungspartners signalisieren könnten, aber sicher kein artspezifisches Merkmal sind. Ich untersuchte weiterhin die sensorischen Eigenschaften der Männchen, das heißt der primären Empfänger visueller Signale in diesem Verhaltenskontext. Unter Verwendung der leuchtenden Pseudopupille bestimmte ich das Sehfeld sowie die Ommatidiendivergenzwinkel DeltaPhi über einen Großteil des Auges. Der Überlappungsbereich der Sehfelder war verhältnismäßig klein, das Sehfeld allerdings recht groß und wurde meist durch den eigenen Körper begrenzt. P. icarus besitzt ein Muster der Ommatidiendivergenzwinkel, wie es als typische Anpassung an den Vorwärtsflug gedeutet wird (forward flight pattern). DeltaPhi in vertikaler Richtung war über einen großen Teil des fronto-ventralen Auges kleiner als 1,0° und reichte bis auf 0,7° herunter. Es kann daher erwartet werden, daß Männchen das Fleckenmuster der Flügelunterseiten aus Entfernungen von 14-41 mm optisch auflösen können. Dies ist genau der Bereich, in dem die Männchen eine Präferenz für flavonoidreiche Weibchenattrappen zeigten. Ich diskutiere die Verwendung von Hauptkomponentenanalysen zur Untersuchung von Spektraldaten im Kontext der visuellen Kommunikation. Ich schlage die alternative Verwendung von Konfidenzintervallen gemittelter Spektren als eine neue, einfach anzuwendende statistische Methode für den Vergleich von Gruppen von Spektren unabhängig von Annahmen über das visuelle System der Empfänger vor. Zusätzlich können diese benutzt werden, um abgeleiteten Maßen für Farbe Konfidenzintervalle zu verleihen, wie etwa dem Quantenfang von Photorezeptoren.
Abstract in weiterer Sprache
I report on the first case in which sequestered secondary plant compounds determine an insect's external appearance in the ultraviolet (UV) spectrum and thereby influence visually mediated mate choice. Recently evidence has been accumulating showing that larvae of the common blue butterfly Polyommatus icarus specifically sequester flavonoids in different amounts and types depending on the part or species of food-plant. During late pupal development the majority of ultraviolet-absorbing flavonoids are deposited in the wings. As yet, it was unknown if the ultraviolet light absorbing flavonoids may act as wing pigments altering the visual appearance. In an extensive series of breeding experiments I reared larvae of P. icarus on five artificial diets differing only in flavonid content as well as on natural diets (flowers and leaves of plant species from five genera). Using ultraviolet photography and spectroradiometry I was able to show that the amount and composition of flavonoids in the larval diet determine ultraviolet wing patterns in the resulting butterflies. The mean reflection of white wing areas in the UV and violet wave band correlated negatively with the amount of flavonoids sequestered. The high variability of wing colouration that was found was mainly caused by the differing flavonoid contents of the food, but by individual differences of the animals' physiology as well. In laboratory and field experiments, male butterflies clearly preferred flavonoid-rich, ultraviolet-absorbing female dummies. This preference at close range is mediated visually by the ultraviolet pattern of the wings. Food-plant parts and species vary in value as a food source, so ultraviolet wing patterns may signal mate quality and are not a species-specific character. I further assessed sensory characteristics of males, i.e. the primary signal receivers in this behavioural context. Using the luminous pseudopupil I recorded the visual field and ommatidial divergence angles DeltaPhi over much of the males' eyes. Ommatidial overlap between both eyes was rather small but the visual field was quite large and mostly limited by the animals' own body. P. icarus has a typical forward flight pattern of the spacing of ommatidial axes. DeltaPhi in the vertical direction was smaller than 1.0° over a large portion of the fronto-ventral eye and reached down to 0.7°. Thus, males can be expected to be able to resolve the spot pattern of wing undersides from distances of 14-41 mm. This is exactly the range where most of the courtship takes place and where males showed a preference for flavonoid-rich female dummies. I discuss the use of principal component analysis in analysing spectral data in the context of visual communication. I propose the alternative application of confidence intervals of averaged spectra as a novel straightforward statistical method for comparing groups of spectra in a manner independent of assumptions about the visual system of the receiver. In addition, they can be used to estimate confidence intervals for derived measures of colour such as quantum catch by photoreceptors.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Dissertation (Ohne Angabe) |
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Keywords: | Hauhechel-Bläuling; Flügel <Zoologie>; Flavonoide; Sehen; Balz; Common Blue Butterfly; Wing Patterns; Flavonoids; Visual Physiology; Mate Choice |
Themengebiete aus DDC: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften; Biologie |
Institutionen der Universität: | Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Biologie Fakultäten Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften |
Sprache: | Deutsch |
Titel an der UBT entstanden: | Ja |
URN: | urn:nbn:de:bvb:703-opus-584 |
Eingestellt am: | 26 Apr 2014 14:04 |
Letzte Änderung: | 22 Mai 2014 08:26 |
URI: | https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/980 |