URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-7030-5
Titelangaben
Bär, Sofia I.:
Präklinische Studien neuer multimodaler, antitumoraler Hybridwirkstoffe mittels klassischer 2D- und realitätsnäherer 3D-Tumorzellkulturassays.
Bayreuth
,
2023
. - V, 293 S.
(
Dissertation,
2023
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
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Abstract
Krebs steht nach wie vor im Zentrum der gesundheitlichen Probleme unseres Jahrhunderts. Neben der gesundheitlichen Belastung für Betroffene, stellt die Belastung des Gesundheits- als auch des Sozialsystems auch ein enormes gesellschaftliches Problem dar. Im Bereich der antitumoralen Wirkstoffe konnte in der letzten Dekade ein enormer Fortschritt verzeichnet werden, welcher durch intensive medizinische und molekularbiologische Forschung ermöglicht wurde. Im Zusammenhang mit der wachsenden Weltbevölkerung, steigt die Nachfrage nach Krebsmedikamenten und die Anzahl an Therapie-resistenten Fällen nimmt zu. Zusätzlich steigt die Zahl an spät erkannten Krebserkrankungen in Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie. Diese Faktoren spitzen die aktuelle Lage zu. Das verdeutlicht die Relevanz der Forschung an neuen Therapiemöglichkeiten, wobei auch die Kosten- und Ressourceneinsparung immer zentraler wird. Im Rahmen dieser Arbeit wurden neue potenzielle Chemotherapeutika, welche strukturelle Eigenschaften verschiedener etablierter krebshemmender Wirkstoffgruppen vereinen, präklinisch evaluiert, um bestehende Resistenzen zu umgehen und neue Wirkmechanismen zu etablieren. Deren hybrider Wirkmechanismus wurde untersucht, wobei parallel unter Einbezug dreidimensionaler Zellmodelle die Relevanz der gewonnenen präklinischen Erkenntnisse erhöht werden sollte, um die Grundlagenforschung ressourcenschonender zu gestalten und um tiefere Einblicke in tumorassoziierte Effekte zu ermöglichen. Die Wirkstoffserien, welche im Rahmen dieser Arbeit untersucht wurden, lassen sich grob in zwei Klassen einteilen. Zum einen hybride Metall-basierte Wirkstoffe, zum anderen chimäre Histondeacetylaseinhibitoren (HDACi). Die Serien Platin-basierter Substanzen, sind abgeleitet vom erfolgreichen Chemotherapeutikum Cisplatin, für welches durch zahlreiche schwere Nebenwirkungen und zunehmende Anzahl neu diagnostizierter Krebserkrankungen dringend Alternativen benötigt werden. Durch die Kombination des Platin-Komplexes mit einem N-heterocyclischen Carben (NHC) Motiv wurde die Stabilität der Komplexe erhöht und gleichzeitig zahlreiche strukturelle Variationsmöglichkeiten eingebracht. Ein neutraler und ein kationischer cis-[Bis(1,3-dibenzylimidazol-2-yliden)Cl(L)]platin(II)-Komplex, zeigten starke zytotoxische Wirkung auf Krebszellen, assoziiert mit intrazellulärer Anreicherung in den Mitochondrien. Durch die NHC-Liganden wurde der für Cisplatin typische DNA assoziiert Wirkmechanismus verändert. Durch Einführung eines kationischen Charakters wurde die zelluläre Aufnahme verbessert und schließlich mitochondrial induzierte Apoptose in 518A2 Melanomzellen ausgelöst. Der Vergleich einer cis-Serie mit der entsprechenden trans-Serie von Bis(benzimidazol-2- yliden)dichlorido]platin(II)-Komplexen, bricht mit dem Paradigma dass nur cis-Platin-Komplexe geeignete Krebstherapeutika seien. Trans-Pt-Komplexe dieser Serie zeigten starke krebsspezifische Zytotoxizität auch bei der Cisplatin resistenten HT-29 Kolonkarzinom Zelllinie. Zudem konnte mittels Fluoreszenzmikroskopie eine Anreicherung der trans-konfigurierten Komplexe außerhalb des Zellkerns nachgewiesen werden, was einen Cisplatin-typischen Wirkmechanismus ausschließt. Die andere Gruppe Metall-basierter hybrider Wirkstoffe basiert auf Au als Zentralatom. Eine Serie von 1,3-Diethyl-4-(p-methoxyphenyl)-5-(3,4,5-trimethoxyphenyl)imidazol-2-yliden(L)gold(I)-Komplexen induzierte zum einen Apoptose in Krebszellen, unabhängig von deren p53 Funktionalität. Zum anderen konnte mittels konfokalmikroskopischer Untersuchungen eine Abhängigkeit der intrazellulären Anreicherung in verschiedene Organelle von Ladung, Größe und Lipophilie der Liganden nachgewiesen werden. Dieses Konzept ermöglicht durch bestimmte Liganden die organellspezifische intrazelluläre Anreicherung bestimmter bioaktiver Wirkstoffe und somit eine Verringerung der Nebenwirkungen. Eine Serie von Phosphan(9-ribosylpurin-6-thiolato)gold(I)-Komplexen vereint Metall-Komplexe mit heterocyclischen Antimetaboliten. Hier konnten durch die hybride Struktur Zytotoxizität und Selektivität gegenüber Krebszellen verbessert werden. Zudem zeigten die Komplexe hohe Wirksamkeit sowohl gegen multiresistente als auch p53 mutante Tumorzellen. Die zweite Klasse, der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Substanzen, bilden chimäre HDACi, welche die Strukturmotive der vaskular disruptiven Verbindung CA-4 mit dem des FDA zugelassenen HDACi SAHA verbinden. Eine vielversprechende Substanz mit dem Trivialnamen Broxbam wurde hinsichtlich ihrer potenziellen Eignung zur Behandlung von Leberkarzinomen an entsprechenden Zelllinien untersucht. Ihre inhibierende Wirkung auf HDAC 6 ist dabei signifikant stärker als die des etablierten Wirkstoffs SAHA. Damit einher gehen verringerte Migration, anti-angiogene Effekte und Induktion von Apoptose. Auch im 3D Modell induziert Broxbam eine signifikante Wachstumsinhibition von Hepatoblastom-Mikrotumoren. Weitere Vertreter dieser Substanzklasse wurden hinsichtlich ihrer Wirkung auf Kolonkarzinom Zelllinien untersucht. Durch die chimäre Struktur konnte die krebsselektive Zytotoxizität deutlich verbessert werden. Im Zusammenhang damit konnte eine Verringerung der Expression des Krebs�spezifischen Apoptose-Inhibitors Survivin nachgewiesen werden. Das therapeutische Potenzial dieser Verbindungsklasse wurde schließlich mittels 3D Zellkulturassays untersucht, um die Wirkung der Substanzen im 3D Zellverbund besser abschätzen, und somit eine präzisere Aussage bezüglich ihrer Eignung als Krebsmedikamente treffen zu können. Zunächst wurde die Wirkung der chimären HDACi Substanzen Troxbam und Troxham auf multicellular tumour spheroids (MCTS) untersucht. Im Gegensatz zu 2D Zellkulturen, berücksichtigen 3D Modelle den Einfluss der Tumormikroumgebung, Gradienten von Nährstoffen, Sauerstoff und Wirkstoff. Auch im 3D Modell überzeugten die hybriden Substanzen durch signifikante Wachstumsinhibition und Caspase 9 vermittelte Apoptoseinduktion. Mittels Bioreaktorsystem wurde ein Tiermodell nach-empfunden, um die wachstumsinhibierende Wirkung in größeren Tumoren untersuchen zu können, wobei ebenfalls ein eindrücklicher Effekt dokumentiert werden konnte. Ein Derivat zeigte auch im 3D Tumor-Systemen großes Potenzial, welches die Selektivität seiner Strukturverwandten bei weitem übertrifft.
Abstract in weiterer Sprache
Cancer continues to be at the center of the health problems of our century. In addition to the health burden for those affected, the burden on the health care system and the social system also represents an enormous societal problem. In the field of anti-tumour agents, enormous progress has been made in the last decade, made possible by intensive medical and molecular biology research. In the context of the rising world population, the demand for cancer drugs is increasing and the number of treatment-resistant cases is also rising. In addition, the late detected cancer cases, related to the Covid-19 pandemic, bring the current cancer related medical situation to a sharp climax. These factors highlight the relevance of research into new therapeutic options, with cost and resource savings also becoming increasingly central. In this thesis, new potential chemotherapeutic agents combining structural properties of different established anticancer drug groups were preclinically evaluated to circumvent existing resistances and to establish new mechanisms of action. Their pleiotropic mechanism of action was investigated. In parallel, three-dimensional cell models were used to increase the relevance of preclinical findings. They improve the resource efficiency of basic research and help to gain deeper insight in tumour associated effects. The drug series investigated in this work can be classified broadly into two categories. On the one hand, hybrid metal-based drugs, on the other hand, chimeric histone deacetylase inhibitors (HDACi). The series of platinum-based compounds are derived from the successful chemotherapeutic agent cisplatin, for which alternatives are urgently needed due to numerous severe side effects and increasing number of detected cancer cases. By combining the platinum complex with an N-heterocyclic carbene (NHC) motif, the stability of the complexes was increased while introducing numerous structural variation possibilities. A neutral and a cationic cis-[bis(1,3-dibenzylimidazol-2-ylidene)Cl(L)]platinum(II) complex showed potent cytotoxic effect on cancer cells, associated with intracellular accumulation in mitochondria. NHC ligands altered the DNA-associated mechanism of action typical of cisplatin. Introduction of a cationic character enhanced cellular uptake and eventually induced mitochondrial induced apoptosis in 518A2 melanoma cells. The comparison of a cis-series with the corresponding trans-series of bis(benzimidazol-2- ylidene)dichlorido]platinum(II) complexes reverses the paradigm of only cis-platinum complexes being suitable cancer therapeutics. Trans-Pt complexes of this series showed strong cancer-specific cytotoxicity even in the cisplatin-resistant HT-29 colon carcinoma cell line. In addition, fluorescence microscopy demonstrated enrichment of the trans-configured complexes outside the nucleus, excluding a cisplatin-typical mechanism of action. The other group of metal-based hybrid agents is based on Au as the central atom. A series of 1,3-diethyl�4-(p-methoxyphenyl)-5-(3,4,5-trimethoxyphenyl)imidazol-2-ylidene(L)gold(I) complexes induced apoptosis in cancer cells, independent of their p53 functionality. A dependence of intracellular accumulation in different organelles on charge, size and lipophilicity of the ligands could be demonstrated by confocal microscopy. This concept allows organelle-specific intracellular accumulation of certain bioactive agents through specific ligands, thus enabling a reduction in side effects. A series of phosphane(9-ribosylpurine-6-thiolato)gold(I) complexes combines metal complexes with heterocyclic antimetabolites. Here, the hybrid structure improved cytotoxicity and selectivity towards cancer cells. In addition, the complexes showed high efficacy against multidrug-resistant as well as p53 mutant tumour cells. The second class of compounds investigated in this work are chimeric HDACi, which combine the structural motifs of the vascular disruptive compound CA-4 with that of the FDA-approved HDAC inhibitor SAHA. A promising compound with the trivial name broxbam has been investigated for its potential suitability in the treatment of liver carcinomas using corresponding cell lines. Its inhibitory effect on HDAC 6 is significantly stronger than that of the established drug SAHA. This is accompanied by reduced migration, anti-angiogenic effects, and apoptosis induction. Broxbam also induces significant growth inhibition of hepatoblastoma microtumours in a 3D tumour model. Further representatives of this substance class were investigated with regard to their effect on colon carcinoma cell lines. The chimeric structure significantly improved cancer-selective cytotoxicity. In connection with this, a reduction in expression of the cancer-specific apoptosis inhibitor survivin was demonstrated. Finally, the therapeutic potential of this class of compounds was investigated using 3D cell culture assays to obtain a better assessment of the effect of the compounds in multicellular tumour assemblies and thus to make a more precise statement regarding their suitability as anticancer drugs. First, the effect of the two chimeric HDACi compounds troxbam and troxham on multicellular tumour spheroids (MCTS) was investigated. In contrast to 2D cell cultures, 3D models consider the influence of tumour microenvironment, gradients of nutrients, oxygen, and drug concentration. Also, in the 3D model, the chimeric compounds convinced by significant growth inhibition and caspase 9 mediated apoptosis induction. Using a bioreactor system, an animal model was mimicked to study the tumour growth inhibitory effect in larger tumours, and an impressive effect was also documented. A derivative of the chimeric structure series also showed great potential in 3D tumour systems, far surpassing its structural relatives in terms of selectivity.