URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-5174-3
Titelangaben
Tjaden, Nils:
Spatial Risk Assessment of Mosquito-Borne Viral Diseases – Research at the Intersection of Ecology and Epidemiology.
Bayreuth
,
2020
. - VI, 299 S.
(
Dissertation,
2020
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
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Abstract
Von Stechmücken übertragene Krankheiten stellen zunehmend eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar. Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich kompetente Vektoren wie die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus) global energisch ausgebreitet. Es besteht Grund zu der Annahme, dass Klimawandel-bedingt zunehmende Temperaturen diesen Trend auch in Zukunft fördern werden. Gleichzeitig wurden weltweit große Ausbrüche von Krankheiten beobachtet, die von diesen und anderen Stechmückenarten übertragen werden (beispielsweise Zika, West-Nil-Fieber und Usutu). Entlang der Mittelmeerküste kam es wiederholt zu Ausbrüchen von Dengue und Chikungunya – Krankheiten die von vielen vormals als reine Tropenkrankheiten angesehen wurden. Auch das Usutu-Virus wurde, solange es nur sporadisch in Afrika gemeldet wurde, weitestgehend ignoriert. Das änderte sich erst, als es in Europas Vogelpopulationen zu großen Usutu-Ausbrüchen kam, die in Deutschland unter dem Namen „Amselsterben“ Bekanntheit erlangten. Es besteht daher ein offenkundiger Bedarf für räumliche Abschätzungen des mit diesen Krankheiten verbundenen Risikos. In dieser Dissertation verwende ich zwei etablierte Methoden (Ecological Niche Models und ein epidemiologisches Modell) zur räumlichen Risikobeurteilung einiger durch Stechmücken übertragener Viruserkrankungen. Ich erstelle Risikokarten für Chikungunya, Usutu, und die Vektorart Ae. albopictus auf unterschiedlichen räumlichen Skalen. Ich untersuche Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Methoden und mache Vorschläge für zukünftige Verbesserungen. Ausnahmslos alle Modelle in dieser Dissertation deuten darauf hin, dass das Auftreten von durch Stechmücken übertragenen Viruserkrankungen in weiten Teilen des jeweiligen Untersuchungsgebiets weiternehmen wird. Auf globaler Ebene wird erwartet, dass sich die Präsenz von Chikungunya auf allen Kontinenten außer der Antarktis erhöht. Ausnahmen bilden einige Gebiete in Australien und Nordindien, in denen der Klimawandel zu Bedingungen führen wird, die das Überleben von Vektoren verhindern können. Auf kontinentaler Ebene deuten zwei grundlegend unterschiedliche Modelle für Usutu darauf hin, dass große Teile Europas günstige Umweltbedingungen für die Übertragung der Krankheit bieten. Allerdings unterscheiden sich die Ergebnisse der beiden Modelle auf lokaler Ebene teils erheblich. Auf nationaler Ebene werden Klimawandel-bedingt große Teile Westdeutschlands in naher Zukunft die klimatischen Anforderungen für eine Etablierung von Ae. albopictus erfüllen. Die meisten dieser Gebiete (einschließlich derjenigen, die bereits heute sehr gut geeignet sind) wiesen in der Vergangenheit auch erhöhte Inzidenzraten für reisebedingte Dengue- und Chikungunya-Infektionen auf, was auf ein erhöhtes Risiko für die Übertragung von Viren hinweist. Risikokarten sind ein wichtiges Instrument, das von Feldentomologen und Epidemiologen zur gezielteren Überwachung (sowohl surveillance als auch monitoring) verwendet werden kann. Und sie können dazu beitragen, Politikern und Entscheidungsträgern wichtige Informationen zu übermitteln, um den Aufbau der für diese Bemühungen erforderlichen Infrastruktur zu erleichtern. Sowohl epidemiologische Modelle als auch Ecological Niche Models leiden unter einem Mangel an wesentlichen Daten. Für epidemiologische Modelle fehlen für viele Krankheiten Laborstudien und Felddaten zu den zugrundeliegenden Übertragungsmechanismen. Dies wird in dieser Arbeit am Beispiel der extrinsischen Inkubationsperiode (EIP) von Dengue demonstriert. Es ist seit langem bekannt, dass die Dauer der EIP innerhalb des Mückenvektors stark von der Umgebungstemperatur abhängt. Unter den wenigen experimentellen Arbeiten, die diese Beziehung untersuchen, basieren einige auf fehlerhaften Methoden oder sind anderweitig stark veraltet. Der Bedarf an Grundlagenforschung in diesem Bereich ist hoch, da bei vielen weniger untersuchten Krankheiten (wie z.B. Usutu) noch viel erheblichere Wissenslücken bestehen. Ein Hauptproblem von Ecological Niche Models ist die Verfügbarkeit hochwertiger Aufzeichnungen über das Auftreten von Vektoren und Krankheiten. Die internationalen und interdisziplinären Bemühungen um ein zentrales, offenes Datenarchiv müssen intensiviert werden. Das zentralisierte Klimadatenarchiv der Earth System Grid Foundation (ESGF, https://esgf.llnl.gov) und die Datenbank für Vorkommensdaten von Arten in der Global Biodiversity Information Facility (GBIF, http://www.gbif.org) könnte als Inspiration dafür dienen. Die Übertragbarkeit von Modellergebnissen über verschiedene Klimazonen hinweg ist ein weiteres Problem, das weitere Untersuchungen erfordert. Letztendlich bieten unterschiedliche Modelle unterschiedliche Vor- und Nachteile, und unterschiedliche Fragen erfordern unterschiedliche Lösungsansätze. Ecological Niche Models erfordern nur ein begrenztes a-priori Wissen über die Umweltparameter, die die räumliche Verbreitung einer Art bestimmen. Selbst mit einer relativ geringen Anzahl von Vorkommensdaten können insbesondere sie für eine schnelle, räumlich grob aufgelöste Risikobewertung sehr nützlich sein. Epidemiologische Modelle bauen auf einem viel stärker theoretisch geprägten Hintergrund auf. Eine adäquate Parametrisierung vorausgesetzt, können sie wertvolle Informationen auf feinen räumlich-zeitlichen Skalen beitragen. Während Ecological Niche Models von Grund auf für räumliche Anwendungen gedacht sind, birgt die Anpassung epidemiologischer Modelle für die Erstellung räumlicher Risikokarten einige ungelöste Hürden, die das Objekt zukünftiger Arbeiten sein werden.
Abstract in weiterer Sprache
Mosquito-borne viral diseases pose an increasing threat to human and animal health on a global level. Over the past few decades, competent vector species like the Asian tiger mosquito (Aedes albopictus) or the Asian bush mosquito (Aedes japonicus) have spread vigorously across the globe and far beyond their native distribution. During the same time, large outbreaks of diseases that are being transmitted by these and other mosquito species (such as chikungunya, Zika, West-Nile fever and Usutu) have been recorded. Diseases that were formerly considered purely tropical by many, such as dengue and chikungunya, showed repeated outbreaks along the coast of the Mediterranean Sea – far away from the tropics. Usutu virus (which was largely neglected in the past as long as it was spatially limited to Africa) emerged in Europe, causing mass extinction events among blackbird populations. Evidence suggests that increasing temperatures due to climate change will facilitate future spread. Clearly, there is an increasing need for spatial risk assessment of these diseases. In this thesis, I use two established approaches, Ecological Niche Models and Epidemiological Models, to assess the spatial risk arising from different mosquito-borne viral diseases. Building models for chikungunya and Usutu viruses as well as the mosquito vector Ae. albopictus, I produce risk maps at global, continental, national and local scales. I explore the strengths and weaknesses of the different approaches and make suggestions for future improvements. All models in this thesis suggest a potential for a continued increase in mosquito-borne viral disease occurrence in large parts of the respective study area. On a global scale, chikungunya is expected to increase its presence on all continents except for Antarctica as well as some areas in Australia and northern India (where climate change will lead to conditions that may prohibit vector survival). On a continental scale, two fundamentally different models for Usutu suggest that large parts of Europe offer favorable environmental conditions for transmission of the disease. However, they differ considerably at the local scale. At the national scale, large parts of western Germany are projected to become climatically suitable for the establishment of Ae. albopictus in the near future due to climate change. Most of these areas (including those that are already highly suitable today) also showed elevated incidence rates of travel-related dengue and chikungunya infections, suggesting an elevated risk for virus transmission. Risk maps are an important tool that can be used by field entomologists and epidemiologists for more targeted surveillance and monitoring. And they can help to communicate essential information to politicians and decision makers in order to facilitate the establishment of the infrastructure that is necessary for these endeavors. Both Epidemiological Models and Ecological Niche Models suffer from a lack of essential data. For Epidemiological Models, laboratory studies and field data about the underlying mechanisms of transmission are severely lacking for many diseases. This is demonstrated in this thesis using the extrinsic incubation period (EIP) of dengue as an example. It has long been known that the duration of the EIP inside the mosquito vector highly depends on ambient temperature. However, among the few experimental works that investigate that relationship, several are based on flawed methodology or otherwise outdated. For many less-studied diseases (such as Usutu) the gaps in knowledge are still much larger. The need for more fundamental research in this area is high. For Ecological Niche Models, the availability of high-quality occurrence records of vectors and diseases is a major problem. International and interdisciplinary efforts towards a centralized, open data repository need to be intensified. The centralized climate data repository of the Earth System Grid Foundation (ESGF, https://esgf.llnl.gov) and the data base of species occurrence records at the Global Biodiversity Information Facility (GBIF, http://www.gbif.org) could serve as inspiration for this. Transferability of model results across different climate zones is another issue that warrants further investigation. Finally, different models have different pros and cons, and different questions require different approaches. Ecological Niche Models require only a limited amount of a-priori knowledge about the environmental parameters governing a species’ spatial distribution. Even with relatively low numbers of occurrence records, they can be very useful for rapid, coarse scale risk assessment. Epidemiological Models are built upon a much more detailed theoretical background, and if they are parameterized thoroughly, they can add valuable information on fine spatio-temporal scales. While Ecological Niche Models have always been intended for spatial applications, the adaption of Epidemiological Models for the creation of spatial risk maps involves some unresolved hurdles that will be addressed in future works.