URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-4894-0
Titelangaben
Kunz, Raphael:
Über materiale und wirtschaftliche Perspektiven von Hectorit.
Bayreuth
,
2020
. - IX, 97 S.
(
Dissertation,
2020
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
Volltext
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Abstract
Diese Arbeit enthält drei große Themengebiete, die unterschiedliche Perspektiven auf das synthetische Schichtsilicat Hectorit enthalten. Alle drei Themen fokussieren sich auf die Herstellung kommerziell relevanter polymerbasierter Nanokomposite. Die erste Publikation dieser Arbeit behandelt ein neues Substrat für Leiterplatten. Aktuelle Platten bestehen aus glasfaserverstärkten Epoxidharzen, die in ihren mechanischen, thermomechanischen und Flammschutz-Eigenschaften sowie ihren dielektrischen Anforderungen maßgeschneidert sind, jedoch toxische Additive enthalten und unzureichend recycelbar sind. Deshalb muss ein neues Substrat gefunden werden, welches materielles Recycling ermöglicht und gleichzeitig die immer strikteren anwendungsbezogenen und umwelttechnischen Anforderungen erfüllt. Das thermoplastische Hochtemperatur-Polymer Polyetherimid erfüllt die die thermische Stabilität sowie mechanische und dielektrische Eigenschaften, aber benötigt zusätzlichen Flammschutz und eine Reduktion der thermischen Ausdehnung. Die thermische Ausdehnung des Substrats ist entscheidend beim Setzen von Lötpunkten auf die Kupferbahnen; wenn sich die thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Substrat und Kupfer zu stark unterscheiden, kann die thermische Spannung zum Bauteilversagen führen. Hectorit in Nanokompositen vermag die Entflammbarkeit durch Krustenbildung zu hemmen. Die Fähigkeit, die thermische Ausdehnung des Komposits zu reduzieren ist das Kernthema dieser Publikation. Es gibt eine Vielzahl von Modellen, die den Ausdehnungskoeffizienten von Nanokompositen mit anisotropem Füllstoff in Abhängigkeit des Aspektverhältnisses vorhersagen. Um das zuverlässigste Modell herauszufinden, wird Hectorit in zwei sehr unterschiedlichen Aspektverhältnissen in das Polymer compoundiert. Ein Vergleich mit den experimentell ermittelten Ausdehnungskoeffizienten zeigt, dass Lus Modell die beste Übereinstimmung hat. Anhand dieser Erkenntnis wird eine ideale Kombination der Parameter Volumenanteil (13 Vol %) und Aspektverhältnis (1.000) des Füllstoffs suggeriert. Der Fokus des zweiten Manuskripts ist die wirtschaftliche Bedeutung der Einsparung von Lösungsmittel während der Herstellung lösungsmittelbasierter Nanokomposite. Die Verarbeitung von Hectorit mit großem Aspektverhältnis ist an große Lösungsmittelmengen geknüpft, da die große Grenzfläche die durch delaminiertes Schichtsilicat zu einer hohen Viskosität führt, die mit mehr Lösungsmittel ausgeglichen werden muss, um die Suspension prozessfähig zu machen. Die Viskosität könnte jedoch reduziert werden, wenn die Organophilierung des Hectorits oder die Interaktion mit dem Polymer (durch Mischen oder in-situ Polymerisation) innerhalb von Taktoiden des Schichtsilicats stattfinden würde. Eine für Makromoleküle ausreichend große Zwischenschicht-höhe ist Voraussetzung, um lösungsmittelbasierte Nanokomposite so verarbeiten zu können. Deshalb behandelt dieses Manuskript den Einfluss verschiedener wässriger Acetonitrilmischungen auf das Quellverhalten von Natriumhectorit. Bis zu einem hohen Acetonitril-Volumenanteil von 65 Vol % wird osmotische Quellung beobachtet. Bei noch höheren Acetonitril-Anteilen kann eine stufenartige kristalline Quellung festgestellt werden, die von 33,3 Å bis 14,8 Å in reinem Acetonitril reicht. Das interessanteste entdeckte Quellungsphänomen ist jedoch eine geordnete Wechsellagerung zweier strikt alternierender Lösungsmittel-Zusammensetzungen in den Zwischenschichten, die zu einem Überstrukturreflex in der Weitwinkel-streuung führten. Das Thema des dritten Manuskripts ist die Energieeffizienz von Leichtbauteilen in der Luftfahrt. Flugzeuge bestehen bereits aus bis zu 50 % kohlenfaserverstärken Kunststoffen (CFK), die immer mehr metallische Komponenten ersetzen. Während das Kompositmaterial in der Lage ist, die Festigkeit metallischer Komponenten zu kopieren, ist die Bruchzähigkeit immer noch eine Herausforderung. Der Einbau thermoplastischer oder elastomerer Partikel erhöht zwar die Bruchzähigkeit, doch verschlechtert gleichzeitig die Festigkeit. Hectorit ist in der Lage, die Bruchzähigkeit von Polymeren zu erhöhen, ohne die Festigkeit einzuschränken. Literaturergebnisse hinsichtlich der Fähigkeit von Schichtsilicaten in CFK, die kritische Energiefreisetzung bei einfacher Rissöffnung (Modus I) und Längsscherung (Modus II) zu verbessern sind jedoch widersprüchlich. Auch Vergleiche verschiedener Resultate sind aufgrund der Parametervielfalt und materialspezifischer Abhängigkeiten sehr schwierig. Um den Parameterraum des Schichtsilicatfüllstoffs zu bewerten, werden zwei Schichtsilicate, Montmorillonit und Hectorit, mit stark unterschiedlicher Partikelgröße sowohl in reines Epoxidharz als auch CFK mit einem hohen Faseranteil von 60 Vol % compoundiert. Während die großen Hectorit-Partikel die kritische Energiefreisetzung in Modus I weiter verbessern können als die Montmorillonit-Partikel, sind sie nicht in der Lage in Modus II zu einer Verbesserung zu führen. Der Grund dafür ist der limitierte Platz aufgrund des hohen Faseranteils, der als eine Art Filter für große Partikel agiert. Die Partikel überbrücken die Zwischenräume und verhindern so die Ausbildung von Hackling-Strukturen, die für einen Anstieg der Energiefreisetzung verantwortlich sind. Um die Bruchzähigkeit in beiden Modi zu erhöhen, muss entweder die Partikelgröße oder der Faseranteil reduziert werden. Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine kumulative Dissertation. Eine detaillierte Beschreibung befindet sich in den angehängten Manuskripten.
Abstract in weiterer Sprache
This thesis contains three big topics dealing with different perspectives on the synthetic layered silicate hectorite. All three subjects focus on the production of commercially relevant polymer-based nanocomposites. Therefore, the first publication of this thesis is about a new substrate for printed circuit boards. State of the art boards are composed of glass fiber reinforced epoxy composites that are tailored in mechanical, thermomechanical, flame retardant, as well as dielectric requirements. However, they suffer from toxic additives and a lack in recyclability. Consequently, a new substrate material has to be found enabling material recycling while passing increasingly stricter application-specific and environmental demands. While the high-temperature thermoplastic polyetherimide fulfills temperature stability, mechanical and dielectric properties, it lacks in flame retardancy and the thermal expansion behavior. The thermal expansion of the substrate is crucial during lead-free soldering onto the copper circuits. If the thermal expansion coefficients of substrate and copper differ too much, thermal stress during soldering may cause cracking failure. While hectorite in nanocomposites is known for decreasing flammability due to char formation, it is the focus of this publication to investigate its thermal expansion. There is a variety of models predicting the coefficient of thermal expansion of nanocomposites with anisotropic filler in dependency of the aspect ratio. In order to find the most reliable one, hectorite in two largely different aspect ratios is compounded into the polymer. A comparison with the experimentally determined coefficients of thermal expansion identifies Lu’s model to give the best agreement. Based thereon an ideal combination of the parameters volume content (13 vol %) and aspect ratio (1,000) of the filler can be suggested. Key aspect of the second manuscript is the environmental significance of solvent saving during solution-casted processing of nanocomposites. The processing of hectorite with high aspect ratio is related to huge amounts of solvent since the large interface generated by this delaminated clay leads to a high viscosity that has to be balanced with more solvent to make the suspension processible. The viscosity, however, could be reduced if steps like the organophilization of the hectorite and the interaction with the polymer (by mixing or in-situ polymerization) took place within tactoids of the clay. An interlayer height that is large enough for macromolecules to enter is presumed to process solvent-based nanocomposites like this. Therefore, the manuscript focuses on the impact of different aqueous acetonitrile mixtures on the swelling behavior of sodium fluorohectorite. Osmotic swelling can be observed up to a high acetonitrile volume content of 65 vol %. At even higher acetonitrile contents, a step-like crystalline swelling is explored, ranging from 33.3 Å to 14.8 Å in pure acetonitrile. The most interesting detected swelling phenomenon, however, is an ordered interstratification. Here, two strictly alternating combinations of interlayer solvent compositions lead to a superstructure reflection in the wide-angle X-ray diffraction pattern. The topic of the third manuscript is the energy efficiency of lightweight construction in aviation. Airplanes already consist of up to 50 % carbon fiber reinforced polymers (CFRP) continuously replacing metallic components. While this type of composite material is able to copy the strength of metallic components, fracture toughness is still a challenging problem. Introducing thermoplastic or rubber particles to these highly filled resins increases the fracture toughness of the material, but, however, impairs the mechanical strength. Hectorite is able to improve the fracture toughness of polymers without hampering their tensile strength. Literature results concerning the ability of clays in CFRP to improve the critical energy dissipation in normal-opening (mode I) and in-plane shear sliding (mode II) crack propagation are contradictory, though. Also, a comparison of the results is very challenging due to the high number of parameters and material-specific dependencies. To cover a broad range of the parameter space of the filler, two different clays, namely montmorillonite and hectorite, with different particle sizes are compounded into both neat epoxy resin and CFRP with a high fiber content of 60 vol %. While the large hectorite particles improve the energy dissipation factor with mode I crack propagation more than montmorillonite particles, they fail with mode II. The reason for that behavior is the limited space due to the high fiber content. The fibers act as a kind of filter for large particles bridging the gaps inhibiting the formation of hackling structures, that are responsible for the increase in energy dissipation. In order to improve the fracture toughness in both modes, either the particle size or the fiber content has to be reduced. This work is written in the style of a cumulative thesis. A detailed description of the results can be found within the attached manuscripts.