URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-4635-8
Titelangaben
Borkner, Christian B.:
Untersuchung (ultra-)dünner Filme und Beschichtungen aus dem rekombinanten Spinnenseidenprotein eADF4(C16) für die biomedizinische Anwendung.
2020
. - V, 169 S.
(
Dissertation,
2019
, Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT )
Volltext
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Angaben zu Projekten
Projektfinanzierung: |
Deutsche Forschungsgemeinschaft |
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Abstract
Obwohl Biomaterialien schon seit langer Zeit genutzt werden, ist die systematische Biomaterialwissenschaft ein noch recht junger Wissenschaftsbereich mit einer 60- bis 70jährigen Geschichte. Seide wird seit Jahrtausenden für Textilien verwendet und insbesondere Spinnenseide wurde schon vor Jahrhunderten von Polynesiern bei der Fischerei sowie in der Antike als Wundauflage und als Nahtmaterial verwendet. Aus heutiger Sicht ist die Biomaterialwissenschaft ein Zusammenwirken verschiedener Fachbereiche und das Verständnis der physikalischen und chemischen Wechselwirkungen zwischen komplexen biologischen Systemen und synthetischen oder modifizierten natürlichen Materialien nimmt einen hohen Stellenwert ein. Die Biokompatibilität spielt hierbei eine große Rolle. Doch es bedarf einer genauen Betrachtung, die abhängig vom jeweiligen Anwendungsgebiet (z.B. Hartgewebe, Weichgewebe, Herz-Kreislauf-System) des Biomaterials ist. Biokompatibilität kann in zwei Bereiche – die Strukturkompatibilität und die Oberflächenkompatibilität – gegliedert werden. Bei der Strukturkompatibilität wird z.B. die Struktur, Form und Mechanik eines Implantats an das Verhalten des Gewebes im Wirtsorganismus betrachtet. Werden die chemischen, physikalischen, biologischen und morphologischen Oberflächeneigenschaften eines Materials an das Wirtsgewebe angepasst, spricht man von Oberflächenkompatibilität. Die Oberflächeneigenschaften eines Biomaterials sind somit entscheidend für seine Biokompatibilität und Wechselwirkung mit dem Wirtssystem. Durch seine gute Verfügbarkeit und gute Biokompatibilität ist das rekombinante Spinnenseidenprotein eADF4(C16) ein interessantes Material zur Steuerung und Modifizierung der Oberflächeneigenschaften von Biomaterialien. Spinnenseide ist nicht hämolytisch oder zytotoxisch und auch die beim Abbau der Seidenproteine entstehenden Produkte (Peptide und Aminosäuren) sind nicht toxisch und können vom Körper resorbiert werden. Es tritt keine Immunantwort auf und Zellen zeigen nur eine geringe Interaktion mit glatten eADF4(C16)-Filmen und ihren Oberflächen. eADF4(C16) ist daher gut als Beschichtungsmaterial für Implantate (z.B. Silikonbrustimplantate) oder auch Katheter geeignet. In der vorliegenden Arbeit wurde ein Prozess entwickelt, um glatte Polymeroberflächen, wie z.B. von Kathetern (aus Silikon, Polyurethan (PU) und Polytetrafluoroethylen (PTFE)), mit eADF4(C16) zu beschichten. Die Beschichtungen, die sich durch ihre Schichtdicke von < 100 nm von bisher untersuchten Silikonimplantatbeschichtungen aus Spinnenseide mit einer Schichtdicke im Mikrometerbereich unterscheiden, wurden hinsichtlich ihrer Stabilität, Biokompatibilität und ihrer Zelladhäsionseigenschaften untersucht. Die in dieser Arbeit verwendeten polymeren Biomaterialien (PTFE, PU und Silikon) haben hydrophobe Oberflächen und wurden vor dem Tauchbeschichtungsprozess im Sauerstoffplasma hydrophilisiert. Um die Haftung der eADF4(C16)-Beschichtung auf der plasmabehandelten Oberfläche zur erhöhen, wurde eine Vermittlerschicht aus dem polykationischen Polymer Polyethylenimin (PEI) bzw. dem positiv geladenen rekombinanten Spinnenseidenprotein eADF4(k16) auf die hydrophilisierte Polymeroberflächen aufgebracht. Die Beschichtungen zeigen keine Delamination bei Biegebelastung und die Oberflächenkontaktwinkel liegen für diese Beschichtungen deutlich unter dem für gegossene eADF4(C16)-Filme mit einer Dicke von 1 bis 2 µm. Sinkt die Schichtdicke eines Films oder einer Beschichtung, so steigt auch die spezifische Oberfläche je Volumen. Erreicht ein Material Abmessungen von < 100 nm in mindestens einer Dimension, so spricht man von Nanomaterialien, die im Vergleich zum bulkMaterial verschiedene Eigenschaften aufweisen. Es konnte gezeigt werden, dass sich die Oberflächeneigenschaften (hier: Oberflächenkontaktwinkel) abhängig von der Schichtdicke ändern. Zusätzlich wurden die strukturellen Eigenschaften (beta-Faltblattanteil) schichtdickenabhängig untersucht. Betrachtet man die Aminosäuresequenz von eADF4(C16), so lässt sich das Protein als eine sich wiederholende Abfolge eines alaninreichen hydrophoben und eines glycinreichen hydrophilen Blockes beschreiben und kann aus polymerwissenschaftlicher Sicht als AB-Multiblockcopolymer beschrieben werden. Auf Basis der gesammelten Daten über die Schichtdickenabhängigkeit des beta-Faltblattanteils und der Oberflächeneigenschaften zusammen mit den bereits beschriebenen Multiblockcopolymereigenschaften des Proteins wurde ein schichtdickenabhängiges Assemblierungs- und Phasenseparationsmodell von der nur einige Nanometer dicken Proteinlage bis zum bulkMaterial vorgeschlagen. Zusätzlich wurde die Bioabbaubarkeit dünner eADF4(C16)-Beschichtungen untersucht. Die eADF4(k16)/eADF4(C16)-Beschichtungen auf Silikonkathetern zeigten eine sehr gute Stabilität in Puffer und wiesen in Wundheilungsumgebung eine langsame Bioabbaubarkeit sowie eine gute Stabilität der Beschichtungen gegenüber mechanischer Belastung auf. Neben der Beschichtungsstabilität spielt auch die Zellinteraktion mit den Beschichtungsoberflächen eine bedeutende Rolle für die Biokompatibilität des Materials und seine spezifische Anwendung. Auf mit eADF4(C16) beschichteten Katheteroberflächen war eine geringe Zelladhäsion von BALB/3T3 Fibroblasten, B50 neuronalen Zellen, HaCaT Keratinocyten sowie C2C12 Myoblasten zu beobachten. Dünne eADF4(C16) Beschichtungen bieten somit für biomedizinische Anwendungen, in denen keine Wirtsreaktion auftreten soll und Zellen nicht mit der Oberfläche interagieren sollen, eine gute Möglichkeit zur Einstellung der Oberflächeneigenschaften bei gleichzeitig geringem Materialeinsatz. Zusätzlich wurden mit eADF4(C2) funktionalisierte bakterielle Nanopartikeln (MamC-C2 Magnetosomen) untersucht. Magnetosomen werden von magnetotaktischen Bakterien zur Orientierung entlang der Feldlinien des Erdmagnetfeldes gebildet. Im Modellorganismus Magnetospirillum gryphiswaldense bestehen sie aus einem Magnetitkern und einer Phospholipid-Doppelschicht (Magnetosomen-Membran). Im Fall von MamC-C2 Magnetosomen ist eine zweifache Wiederholung des C-Moduls des Spinnenseidenproteins eADF4(C16) über das Ankerprotein MamC in der Biomembran verankert und bildet mit dieser zusammen eine den Partikel kolloidal stabilisierende Hülle. QCM-D Experimente haben gezeigt, dass eine intermolekulare Wechselwirkung zwischen MamC-C2 Magnetosomen und eADF4(C16) besteht und MamC-C2 Magnetosomen als Nukleationskeime für die Assemblierung von eADF4(C16)-Fibrillen dienen können.
Abstract in weiterer Sprache
Although biomaterials have been used for a long time, systematic biomaterial science is a relatively young research area with a just 60- to 70-year history. Silk has been used for textiles for millennia and spider silk was used for centuries by Polynesians for fishing and in ancient times as wound dressing and even as suture material. From today's perspective, biomaterials science is a collaboration of different disciplines and the understanding of the physical and chemical interactions between complex biological systems and synthetic or modified natural materials is important. Biocompatibility plays an important role, but careful consideration is needed depending on the particular field of application (e.g., hard tissue, soft tissue, cardiovascular system) of the biomaterial. Biocompatibility can be divided into two areas - structural compatibility and surface compatibility. In structural compatibility structure, shape and mechanics of an implant are adapted to the behavior of the tissue in the host organism. If the chemical, physical, biological and morphological surface properties of a material are adapted to the host tissue, it’s called surface compatibility. Surface properties of a biomaterial are crucial for its biocompatibility and its interaction with the host system. Due to its good availability and biocompatibility, the recombinant spider silk protein eADF4(C16) is a very interesting material to control and modify surface properties of biomaterials. Spider silk is not hemolytic or cytotoxic, and its degradation products (peptides and amino acids) are non-toxic and can be body-resorbed. There is no immune response, and cells show only weak interaction with smooth eADF4(C16) films and surfaces. eADF4(C16) is well suited as a coating material for implants (e.g., silicone breast implants) or catheters. In the present work, a process to coat smooth polymer surfaces like catheters (made of silicone, polyurethane (PU) and polytetrafluoroethylene (PTFE)) with eADF4(C16) has been developed. The coatings differ in their thickness from previously published silicone implant coatings with micron-sized layer thickness. The new nano-coatings were characterized concerning stability, biocompatibility and cell adsorption properties. The polymeric biomaterials used in this work have hydrophobic surfaces and were hydrophilized in oxygen plasma prior to dip-coating with eADF4(C16). To increase the adhesion of eADF4(C16) to plasma treated surfaces, a layer of the polycationic polymer polyethyleneimine (PEI) or the positively charged recombinant spider silk protein eADF4(k16) was applied to the hydrophilized polymeric biomaterial surface. Coatings show no delamination upon bending load. The surface contact angles of the coatings were significantly smaller than contact angles determined for eADF4(C16) films with a thickness of 1 µm to 2 µm. Therefore, the hypothesis that the surface properties of silk coatings change depending on layer thickness was investigated. If the layer thickness of a film or a coating decreases, the specific surface area per volume increases. Materials with dimensions of < 100 nm in at least one direction in space are called nanomaterial and show different properties compared to bulk materials. In addition to surface wetting properties, also structural features (beta-sheet fraction) were investigated depending on film thickness. Considering the amino acid sequence of eADF4(C16), the protein comprises repeats of a polyalaninrich hydrophobic and a glycine-rich hydrophilic block. From a polymer science point of view, this protein therefore can be described as an AB multiblock copolymer. Based on the data and the polymer-like properties of eADF4(C16), a film-thickness-dependent assembly and phase separation model from the protein layer of only a few nanometer in thickness up to the bulk material was proposed and described. In addition, eADF4(k16)/eADF4(C16) coatings show very good stability in buffer and slow biodegradability in a wound healing environment. Interaction of cells with the coating surface also plays a significant role for biocompatibility of the material and its specific application. BALB/3T3 fibroblasts, B50 neuronal cells, HaCaT keratinocytes and C2C12 myoblasts showed only low cell adhesion on eADF4(C16) coated catheter surfaces. For biomedical applications, where no host response is supposed to occur and cells should not interact with the surface, thin eADF4 (C16) coatings are a good option to adjust surface properties and minimize the materials usage. In addition, eADF4(C2) functionalized bacterial nanoparticles (MamC-C2 magnetosomes) were investigated. Magnetotactic bacteria form magnetosomes to orient along the field lines of the Earth’s magnetic field. In the model organism Magnetospirillum gryphiswaldense they consist of a magnetite core and a phospholipid bilayer (magnetosome membrane). Spider silk proteins (two times repeat of the C module in case of MamC-C2) were incorporated in the biomembrane using the anchor protein MamC and form a shell, which increased colloidal stability of the particles. QCM-D experiments indicated an intermolecular interaction between MamC-C2 magnetosomes and eADF4(C16), and MamC-C2 magnetosomes can serve as nucleation site for eADF4(C16) fibril assembly.