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Rekombinante Herstellung und Charakterisierung der Eierstielproteine aus Chrysoperla carnea

DOI zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00004442
URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-4442-7

Titelangaben

Neuenfeldt, Martin:
Rekombinante Herstellung und Charakterisierung der Eierstielproteine aus Chrysoperla carnea.
Bayreuth , 2019 . - 121 S.
( Dissertation, 2019 , Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT )

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Projektfinanzierung: Andere

Abstract

Obwohl die Herstellung von Seide der Seidenspinnerraupe Bombyx mori seit einigen tausend Jahren vom Menschen kontrolliert wird, hat erst die in den vergangenen Jahrzehnten entwickelten biotechnologischen Methoden den technischen Zugang zu Seiden vieler anderer Organismen ermöglicht. Neben ihrem ästhetischen Erscheinungsbild stehen Seidenmaterialien auch aufgrund ihrer mechanischen und biomedizinischen Eigenschaften im Fokus des Interesses. In der vorliegenden Dissertation wurde das Seidensystem der europäischen Florfliege Chrysoperla carnea untersucht. Weibliche Florfliegen produzieren sogenannte Eierstiele, an deren Enden sie jeweils ein Ei anheften. Es ist bereits bekannt, dass die in diesen Fasern enthaltenen Seidenproteine vorwiegend in einer cross-beta Konformation vorliegen. Diese strukturelle Eigenschaft wird als hauptverantwortlich für die Biegesteifigkeit der Seidenfaser angesehen. Mittels einer Transkriptomanalyse wurden drei Gene identifiziert, welche jeweils für ein Seidenprotein kodieren. Diese drei Seidenproteine sind reich an Glycin-, Alanin- und Serinresten und wurden ChryC1, ChryC2 bzw. ChryC3 genannt. ChryC1 enthält zwei repetitive Kerndomänen, welche von zwei kleineren terminalen Domänen flankiert sind. ChryC2 und ChryC3 enthalten jeweils nur eine repetitive Kerndomäne. Der repetitive Charakter aller Kerndomänen zeichnet sich durch eine strikte Periodizität von 18 Aminosäureresten aus. Mittels einer quantitativen Analyse der Genexpression wurde gezeigt, dass in der Spinndrüse über 80 Molprozent der Seidenproteine von ChryC1 repräsentiert werden. Für die Genexpression von ChryC1 zu ChryC2 wurde ein Verhältnis von ca. 5,5:1 ermittelt. Alle drei natürlichen Gensequenzen wurden anschließend einem bakteriellen Expressionssystem zugeführt. Für die biotechnologische Herstellung aller drei Seidenproteine musste eine Fermentationsstrategie etabliert werden, welche die Seidenproteine vor zellulären Abbaureaktionen schützt. Hierfür erwiesen sich Fermentationen, bei denen die Induktion der Genexpression bei niedrigeren Zelldichten durchgeführt wurde, als besonders geeignet. Für die nachfolgende Aufarbeitung wurde für alle drei Proteine eine sequentielle selektive Fällungsstrategie etabliert. ChryC1 und ChryC3 wurden jeweils mittels aufeinanderfolgender Behandlung mit Hitze, Essigsäure und kosmotropen Salzen von den bakteriellen Proteinen abgetrennt. ChryC2 erwies sich zwar ebenfalls als hitze- und säurebeständig, es präzipitierte jedoch nicht in Gegenwart kosmotroper Salze. Stattdessen wurde zunächst dieses Seidenprotein zusammen mit bakteriellen Proteinrückständen durch Zugabe organischer Lösungsmittel gefällt und aus dem resultierenden Präzipitat mittels eines wässrigen Puffers selektiv resolubilisiert. Zum Verständnis der molekularen Grundlagen des natürlichen Spinnprozesses wurden anschließend die drei Seidenproteine auf ihre Selbstassemblierungseigenschaften untersucht. Für alle drei Proteine konnte gezeigt werden, dass sie in wässriger Lösung vorwiegend random coil Strukturen enthalten. Durch Zugabe von Ethanol konnten jeweils beta-Faltblattstrukturen induziert werden. Für ChryC3 stellte dies der einzige Selbstassemblierungsprozess dar, der in dieser Arbeit beobachtet wurde. ChryC1 wies als einziges Seidenprotein eine untere kritische Lösungstemperatur von 27,3°C auf; oberhalb dieser Temperatur wurde eine Mikrophasenseparation der Proteinlösung beobachtet. Aus konzentrierten Lösungen von ChryC1 heraus konnte außerdem die Formation von gleichmäßigen Filmstrukturen beobachtet werden, in diesen nativen Filmen (ohne Nachbehandlung) wurde ein Anteil von knapp 50% an beta-Faltblattstrukturen nachgewiesen. Lösungen von ChryC2 reagierten hingegen spontan zu Hydrogelen. Elektronenmikroskopische Untersuchungen ergaben, dass diese Hydrogele Nanofibrillen mit einem mittleren Durchmesser von 5 nm enthielten. Diese Fibrillen wiesen vorwiegend beta-Faltblattstrukturen auf. Im zweiten Teil der Dissertation wurde ChryC1 zu Nanovliesstoffen elektroversponnen. Über den Parameter der eingesetzten Proteinkonzentration konnte der durchschnittliche Faserdurchmesser der resultierenden Vliesstoffe beeinflusst werden. Um die Beständigkeit gegenüber Umwelteinflüssen zu erhöhen, wurden die versponnenen Vliesstoffe mittels Wasserdampf nachbehandelt. Spektroskopische Messungen ergaben, dass diese Nachbehandlung im erheblichen Umfang beta-Faltblattstrukturen in den Fasern induzierte. Nachfolgend wurden Vliesstoffe unterschiedlicher Belegungsdichten einem Filtertest zugeführt, um ihre Eignung zur Filtrierung von Feinstaub zu evaluieren. Als Vergleich wurde dieser Filtertest auch mit elektroversponnenen Nanovliesstoffen aus dem rekombinant hergestellten Spinnenseidenprotein e(ADF4)C16 sowie aus Polylaktid bzw. Polyethylenglycol durchgeführt. Mit dem Filtertest wurde gezeigt, dass bei höheren Belegungsdichten Vliesstoffe aus ChryC1 und aus eADF4(C16) ähnliche Abscheidungsraten an Feinstaubpartikeln aufwiesen, diese Filterleistung ging bei Vliesstoffen aus ChryC1 jedoch mit einem geringeren Druckabfall einher. Insgesamt stellen die Studien über die Selbstassemblierungseigenschaften von Seidenproteinen der Florfliege einen weiteren Baustein zum besseren Verständnis des natürlichen Spinnprozesses dar. Diese Erkenntnisse können zum Ziel beitragen, langfristig diesen Spinnprozess in vitro nachahmen zu können. Mit der Herstellung von Vliesstoffen aus ChryC1 wurde zudem eine vielversprechende Morphologie für technische Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt.

Abstract in weiterer Sprache

Mankind has been manufacturing silkworm silk (Bombyx mori) for several thousand years. However, the technical access to many other silk systems was only made possible due to biotechnological methods, which has been developed within the last decades. Besides their aesthetic appearance, silk has been in the focus of interest due to their unique mechanical and biomedical properties. This dissertation describes the silk system of the European lacewing Chrysoperla carnea. Female lacewings produce so-called egg stalks to which they attach a single egg per stalk. The silk proteins contained in these fibres predominantly comprise cross-beta conformation, as described in the literature. This structural property is considered responsible for the high bending stiffness of the resulting fibre. In this work, three genes were identified, each encoding for a silk protein. These three silk proteins are rich in glycine, alanine and serine residues and were named ChryC1, ChryC2 and ChryC3, respectively. ChryC1 comprises two repetitive core domains, which are flanked by two short terminal domains. For ChryC2 and ChryC2, respectively, only one repetitive core domain is present. The repetitive character of all core domains is featured by a strict periodicity of 18 amino acid residues. It was shown that ChryC1 represents more than 80 mole percent of silk proteins expressed in the silk gland. Furthermore, a ratio of 5.5 to 1 was measured for the gene expression of ChryC1 and ChryC2. Subsequently, all three natural gene sequences were introduced to a bacterial expression system. For the recombinant production of all three silk proteins, a fermentation strategy was established which prevented the produced silk proteins from cellular degradation. For this, induction of gene expression at lower cell densities was shown to be the most feasible strategy. For subsequent protein purification, all three silk proteins could be isolated by a sequential selective precipitation strategy. In detail, ChryC1 and ChryC3 could be isolated due to their stability towards heat, acetic acid and certain concentrations of cosmotropic salts. In contrast, ChryC2 did not show any precipitation tendency in the presence of cosmotropic salts. Therefore, ChryC2 and remaining bacterial proteins were precipitated by adding organic solvents and only the silk protein was subsequently resolubilized with an appropriate aqueous buffer. For a better understanding of the molecular principles which underly the natural spinning process, the self-assembly properties of the isolated silk proteins were analysed. It was shown for all three proteins that a random coil structure was predominant in aqueous solution. The secondary structure could be shifted towards beta-sheets by adding ethanol. For ChryC3, this represents the only self-assembly property observed during this study. For ChryC1, a lower critical solution temperature of 27.3°C was determined. Above this temperature, a microphase separation of the solution was observed. Additionally, the formation of smooth film structures was observed out of concentrated solutions of ChryC1. These native films (without any subsequent treatment) comprised nearly 50% of beta-sheet structure. In contrast, solutions of ChryC2 were prone to gelation. Electron microscopic studies revealed nanofibrils with a mean diameter of 5 nm as underlying structure of this morphology. These fibrils predominantly comprised beta-sheet content. In the second part of this dissertation, ChryC1 was electrospun into nonwovens. The mean fibre diameter of these fabricated meshes was controlled by the chosen protein concentration. In order to stabilise the resulting nonwoven mats, a posttreatment with water vapour was conducted. Spectroscopic analysis showed a significant increase in beta-sheet content in these nanofibers induced by this treatment. Subsequently, nonwovens with varying layer thickness were transferred to a filter test by which the suitability of these nonwovens for filtering fine dust particles was evaluated. For comparison, this filter test also included electrospun nonwovens out of the recombinant spider silk protein e(ADF4)C16 as well as nonwovens out of poly(lactid acid) and poly(ethylene oxide), respectively. It was shown in this filter test that nonwovens out of ChryC1 and e(ADF4)C16 shared similar deposition rates of fine dust particles when these nonwovens featured a higher layer thickness. However, the filtration efficiency of these ChryC1 nonwovens was accompanied by a lower pressure drop compared to the respective e(ADF4)C16 nonwovens. In conclusion, the self-assembly studies of lacewing silk proteins might pave the way towards a better understanding of the natural spinning process. In the long term, these findings might also contribute to the objective of being able to mimic the natural spinning process in vitro. Additionally, nonwovens out of ChryC1 appear to be a promising morphology for technical applications.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation (Ohne Angabe)
Keywords: Seide; Florfliege; qPCR; Genomanalyse; Rekombinante Proteine; Fermentation; Selbstassemblierung
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften; Biologie
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften
Institutionen der Universität: Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School
Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT
Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT > Molekulare Biowissenschaften
Graduierteneinrichtungen
Sprache: Deutsch
Titel an der UBT entstanden: Ja
URN: urn:nbn:de:bvb:703-epub-4442-7
Eingestellt am: 19 Aug 2019 06:16
Letzte Änderung: 19 Aug 2019 06:16
URI: https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/4442

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