URN to cite this document: urn:nbn:de:bvb:703-epub-4222-6
Title data
Weithmann, Nicolas:
Einfluss von Stressfaktoren auf die Etablierung der prokaryotischen Gemeinschaft und den Metabolismus in biotechnischen, anaeroben Prozessen.
2018
. - I-XVII, 132, XVII-LXXIV P.
(
Doctoral thesis,
2018
, University of Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
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Abstract
Als Energieträger mit Potential für Power-to-Gas-Applikationen kann Biogas einen entscheidenden Beitrag zu den drängendsten Fragen der Energiewende leisten: Mobilität, Speicherung von Energie und Netzstabilität. Häufig ist die Biogasproduktion finanziell nicht selbsttragend und die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit wird unterschiedlich bewertet. Wichtige Ansatzpunkte zur Optimierung des Biogasprozesses sind Anlagenflexibilisierung, Systemintegration, Power-to-Gas und die Optimierung der biologischen Prozesse. Als Beitrag hierzu werden in der vorliegenden Arbeit, mit Fokus auf der Anlaufphase, die Entwicklung und Dynamik der mikrobiellen Gemeinschaft aus Biogasprozessen, anhand von Betriebsparametern und Stoffwechselprodukten betrachtet. Darüber hinaus wird der Einfluss verschiedener Fütterungsintervalle zur Flexibilisierung, der Einfluss von Metalloiden aus dem Gärsubstrat auf den Biogasprozess, sowie die Relevanz des Austrags von Mikroplastikpartikeln in die Umwelt untersucht. Die Anlaufphase einer Biogasanlage wurde als hochdynamischer Entwicklungsprozess erwartet, der nach Etablierung der mikrobiellen Gemeinschaft zu einem stabilen Prozess führt und wichtige Erkenntnisse für weitere Forschungsarbeiten zur Prozessoptimierung liefert. Die Anlaufphase wurde an einer zweistufigen Anlage im Produktionsmaßstab über den Zeitraum von 240 Tagen verfolgt. Es konnte mittels Automatisierter Ribosomaler intergenischer Spacer Analyse (ARISA) gezeigt werden, dass sich der Untersuchungszeitraum in fünf deutlich getrennte Entwicklungsphasen unterteilt. Trotz anhaltend hoher Dynamik der mikrobiellen Population etablierte sich mit Erreichen der Endtemperatur nach ca. 30 Tagen eine stabile Gasproduktion. Im weiteren Verlauf stabilisierte sich die mikrobielle Population zunehmend und die Reaktionen auf veränderte Bedingungen nahmen ab. Die Untersuchung mittels Next-Generation-Sequenzierung (NGS) zeigte, dass die dominierenden Bakterien den Klassen Clostridia mit den Ordnungen Clostridiales und MBA08 sowie der Klasse Bacteroidia mit der Ordnung Bacteroidales entstammen. Die flexibilisierte Substratgabe wurde erprobt, um die Biogasproduktion an der Energienachfrage zu orientieren, Substrat und Speicherkapazität einzusparen, sowie günstige Einspeisebedingungen zu nutzen. Es wurde erwartet, dass variierende Fütterungsintervalle einen Prozess anstoßen, der über die Zeit zu einer Anpassung der Mikrobiologie führt. Proben der MicrobEnergy GmbH aus einem 200 L Reaktor, in dem über 700 Tage verschiedene Kombinationen aus Fütterungsintervallen und Raumbelastung erprobt wurden, wurden mit den Prozessparametern, Stoffwechselprodukten und der mikrobiellen Entwicklung (NGS)verknüpft. Es etablierte sich ein stabiler Prozess mit weitgehend konstantem CH4-Niveau während der Fütterungsphasen, der durch Substratminimierung eine Reduktion der Gasproduktion von bis zu 80 % innerhalb eines Tages ermöglichte. Wichtige Indikatorparameter für einen funktionierenden Prozess, wie Fettsäure- und Wasserstoffkonzentration, wiesen vor allem in der ersten Hälfte des Versuchs wiederholt erhöhte Werte auf, die sich jeweils nach spätestens drei Tagen wieder normalisierten. In Folge der Flexibilisierung erfolgte eine Neuordnung der Gemeinschaft, die über die letzten 160 Tage, trotz erneuter Änderung des Fütterungsintervalls und der Substratzusammensetzung, weitestgehend konstant blieb. Die dominanten Archaeen stammten aus der Ordnung Methanosarcinales. Im Laufe des Versuches lösten Vertreter der Klasse Methanosaetaceae Vertreter der Klasse Methanosarcinaceae ab. Die Hydrierung und Methylierung verschiedener Metalloide durch Mikroorganismen, ist auch unter anaeroben Bedingungen belegt. Es wurde vermutet, dass Metalloide, die durch das Gärsubstrat in Biogasanlagen gelangen und dort auf eine hochaktive mikrobielle Gemeinschaft treffen, Auswirkungen auf den Prozess und die entstehenden Produkte haben. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnten in allen 15 untersuchten Biogas- und Kläranlagen Metalloide, beispielsweise Arsenverbindungen, nachgewiesen werden. Die Auswirkungen auf den Prozess wurden anhand der Überführung auf einen Laborreaktor untersucht, indem Parallelansätze mit unterschiedlichen Konzentrationen (unbehandelt, 30 μM und 60 μM) von Arsen (As) versetzt wurden. In der Folge wurden für 14 Tage Arsenspezies in der Flüssig- und Gasphase analysiert und in Zusammenhang mit dem produzierten Gasvolumen, CH4-Gehalt, Essigsäure sowie der mikrobiellen Entwicklung (ARISA) beobachtet. Die Arsengabe führte zu einer konzentrationsabhängigen Hemmung des Prozesses, mit einem Einbruch der Gasproduktion sowie der Akkumulation von Essigsäure. Sämtliches As(III) wurde zu As(V) umgewandelt. Zudem fand eine Methylierung und im weiteren Verlauf auch eine Dimethylierung statt. In der Gasphase wurde ausschließlich Arsin (AsH3) sowie einfach methyliertes Arsin (MeAsH2) detektiert. Die mikrobielle Zusammensetzung veränderte sich mit der Gabe von Arsen nicht. Die Belastung durch Polymere, die in die Umwelt geraten, rückt immer weiter in den Fokus der Öffentlichkeit. Zunehmend wird ersichtlich, dass vor allem Kleinstpartikel (Mikroplastik) ubiquitär in der Umwelt vorkommen und bereits in die Nahrungskette eingedrungen sind. Es wurde angenommen, dass organische Dünger aus der Vergärung oder Kompostierung von Bioabfällen eine signifikante Eintragsquelle für Mikroplastik in die Umwelt darstellen. Um dies zu bewerten, wurden aus einer Kompostieranlage sowie aus 14 verschiedenen Biogasanlagen Partikel isoliert, quantifiziert und qualitativ bestimmt. Es konnte gezeigt werden, dass Anlagen aus landwirtschaftlichen Betrieben weitgehend unbelastet sind. In Anlagen zur Verwertung von biogenen Abfallstoffen wurden deutlich höhere Partikelzahlen festgestellt. Die größte Fraktion entfällt auf Partikel der Größenordnung 2-5 mm. Am häufigsten kommen Polymere auf Styrenbasis vor. Die meisten Partikel wurden in einer Anlage zur anaeroben Vergärung von gewerblichen Lebensmittelabfällen mit einer Anzahl von 752 Partikeln kg-1 TS nachgewiesen. Weiterführende Untersuchungen könnten zeigen, ob der Flexibilisierungsprozess durch den Einsatz von Reststoffen nachhaltiger gestaltet werden kann. Das Schadpotential volatiler Arsenverbindungen für weiterverwertende Prozesse kann mittels Sensoren zur Katalysator-Charakterisierung untersucht werden. Das Aufnahmepotential von Mikroplastik sollte durch die Inkubation mit Tierzelllinien oder anhand von Gewebepräparaten untersucht werden.
Abstract in another language
Biogas, a renewable energy resource with potential for Power-to-gas applications, can contribute to the most urgent issues of the energy transition: mobility, energy storage and grid stability. However, the production of biogas is often uneconomic and the sustainability has been discussed. Approaches for process improvement include flexibility, system integration, Power-to-gas and optimization of biological processes. In the present work, the development and dynamics of microbial communities in biogas plants have been analysed, considering process parameters and metabolic products, while focusing on the start-up phase. Furthermore, the influence of different flexible feeding strategies and the influence of metalloids derived from substrates on the biogas process as well as the emission of microplastic particles to the environment have been investigated. The establishment of the microbial community during the start-up phase was examined. This phase was expected to be highly dynamic before reaching a stable state. The results were assumed to be of high impact for process optimization. The start-up-phase was examined in a two-staged plant in production scale for a period of 240 days. It was possible to divide Automated Ribosomal Intergenetic Spacer Analysis (ARISA) derived fragment profiles into five clearly separated phases. Despite persistent dynamics of the microbial population, establishment of a constant gas flow was achieved after reaching final process temperature at approximately 30 days. In later stages, an increasing stabilization was observed and the reaction of the microbial community on changing conditions decreased. Examination by Next-Generation-Sequencing showed that dominating classes of bacteria were Clostridia with orders Clostridiales and MBA08, and Bacteroidia with the order Bacteroidales. Enabling a demand-driven biogas production can save substrates and storage capacity, while enabling production of electricity at times with lucrative tariffs. For these reasons, effects of different flexible feeding regimes were tested. The variation of feeding intervals was expected to initiate a process of adaptation of the microbial community. The samples for examination were provided by MicrobEnergy GmbH. Varying combinations of feeding intervals and volume loads carried out in a 200 L reactor for 700 days were analysed, considering process parameters, metabolic products and microbial dynamics (NGS). It was shown that a mainly stable process was established, resulting in a constant CH4 level during feeding phases. Minimalized feeding amounts resulted in a reduced gas production of up to 80 % within one day. Parameters indicating stable digestion processes, e.g. volatile fatty acids and hydrogen, showed high concentrations in the first half of the experiment. However, normalised values were reached within three days. As a response to the flexible feeding, a reorganization of the population was observed, leading to an almost constant community in the last 160 days of the experiment. Further changed feeding intervals with varying substrate compositions did not lead to further significant changes in the community structure. Dominating archaea were of the order Methanosarcinales. During the experiment, representatives from the class Methanosaetaceae replaced representatives from the class Methanosarcinaceae. Hydration and methylation of metalloids by microorganisms has been observed, even under anaerobic conditions. Metalloids introduced to a biogas plant are met by a highly active microbial community. It was assumed that this would have an impact on the biogas process and the resulting products. Metalloids were detected in all 15 investigated biogas and sewage plants. Effects on the process were analysed by transfer to laboratory scale and adding arsenic in different concentrations to parallel approaches (no addition, 30 μM and 60 μM). In the following 14 days, arsenic species in the liquid and gaseous phase were analysed and compared to produced gas volumes, CH4 content, acetic acid and the microbial development (ARISA). The addition of arsenic led to a concentration-dependent inhibition of the gas production and an accumulation of acetic acid. All As(III) changed to As(V), and additional methylation took place. In a later state, demethylation was observed. In the gaseous phase, solely arsine (AsH3) and methylated arsine (MeAsH2) was detected. No change of the microbial composition in consequence of the addition of arsenic has been observed. Lately, polymer particles emitted to the environment have been an object of public interest. It has been shown that small particles (microplastics) are ubiquitous in the environment and have already entered the food chain. It was assumed that organic fertilizers derived from aerobic or anaerobic digestion act as vectors for microplastic to the environment. To evaluate, microplastic particles from one composting and 14 biogas plants were isolated, quantified and specified. While agricultural plants were almost free of microplastic particles, plants utilizing organic waste were contaminated at a considerate level. Most particles were styrene-based and of a size between 2-5 mm. Most particles were found in a plant digesting commercial food waste, reaching particle counts of 752 kg-1 dry substance. Further investigations could address the question if residual materials can be used in a demand-driven biogas production, increasing process sustainability. Furthermore, sensors for catalyst characterisation can evaluate the influence of volatile arsenic compounds in a next step. The uptake of microplastic to cells can be investigated by incubation experiments with animal cell lines or tissues.