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Herstellung, Charakterisierung und Verarbeitung des neuartigen Spinnenseidenproteins MaSp1s

URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-3775-0

Titelangaben

Thamm, Christopher:
Herstellung, Charakterisierung und Verarbeitung des neuartigen Spinnenseidenproteins MaSp1s.
2018 . - V, 130 S.
( Dissertation, 2018 , Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT )

Abstract

Seit Jahrhunderten kennen und nutzen einige Naturvölker natürliche Spinnenseide als Material mit herausragender Mechanik, Bioverträglichkeit und Bioabbaubarkeit. Von den bis zu sechs verschiedenen Spinnenseidenarten, die von weiblichen Vertretern der echten Radnetzspinnen in dafür spezialisierten Drüsen produziert werden können, ist die Dragline- Seide in den letzten Jahren in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Diese Seidenart bildet sowohl den Rahmen als auch die Speichen des Radnetzes. Die zugrundeliegenden Proteine werden Major Ampullate Spidroin 1 und 2 (MaSp1, MaSp2) genannt, wobei sich MaSp1 und MaSp2 hauptsächlich im Prolingehalt unterscheiden. Alle bislang beschriebenen und charakterisierten MaSp Proteine besitzen ein Molekulargewicht zwischen 200 und 350 kDa mit einer aus bis zu 100 Wiederholungseinheiten bestehenden repetitiven Kerndomäne, welche von nicht-repetitiven und über unterschiedliche Spinnen- und Seidenarten stark konservierten terminalen Domänen flankiert wird. Im Jahr 2013 wurde ein neuartiges Spinnenseidenprotein aus Cyrtophora moluccensis beschrieben, was durch die Anwesenheit der typischen Aminosäure-Sequenzmotive (poly- A, GGX) und das Fehlen von Prolin eindeutig den MaSp1 Proteinen zugeordnet werden konnte. Allerdings ist dieses Protein lediglich ca. 40 kDa groß, besitzt keine repetitive Kerndomäne, jedoch viele geladene Aminosäuren, womit es von der Grundstruktur der meisten bekannten MaSp Proteinen deutlich abweicht und MaSp1 short (MaSp1s) genannt wurde. Lediglich die flankierenden terminalen Domänen sind in Übereinstimmung mit den meisten bekannten MaSp Proteinen in konservierter Form vorhanden. Um einen Eindruck vom Aufbau, den Eigenschaften und einer möglichen Anwendbarkeit von MaSp1s zu bekommen, war es das Ziel dieser Arbeit, das neuartige Spinnenseidenprotein rekombinant herzustellen, biochemisch zu charakterisieren und auf sein Potential zur Bildung von unterschiedlichen Seidenmorphologien wie Fasern oder Hydrogelen hin zu untersuchen. Mittels nahtloser Klonierung wurde die MaSp1s Kerndomäne erfolgreich mit den etablierten terminalen Domänen von Latrodectus hesperus (Schwarze Witwe) und einem Affinitätstag fusioniert, das Volllängenprotein (engineered MaSp1s, eMaSp1s) durch Genexpression in E. coli rekombinant hergestellt und anschließend mittels Fällungsreaktionen und Säulenchromatographie gereinigt. Die Sekundärstrukturanalyse von eMaSp1s in Lösung zeigte den deutlichen Einfluss der helikal gefalteten terminalen Domänen im Vergleich zur unstrukturierten Kerndomäne, und bei der Betrachtung der thermischen und chemischen Stabilität von eMaSp1s dominieren die charakteristischen Merkmale bzw. Übergangspunkte der Termini. Auf Basis der Experimente und Ergebnisse von Heidebrecht et. al. (2015) an einem anderen Spinnenseidenvolllängenprotein mit beiden Termini (N1L(AQ)12NR3), wurde eMaSp1s auf seine Verspinnbarkeit zu Seidenfasern getestet. Trotz des Vorhandenseins beider terminaler Domänen zeigte eMaSp1s keine auf Selbstassemblierung der C-terminalen Domäne beruhende Phasenseparation. Nach äquimolarer Beimischung von N1L(AQ)12NR3 konnte Phasenseparation beobachtet und eine biomimetische Spinnlösung (BSD) erzielt werden. Die einfache Konzentrierung einer eMaSp1s-Lösung auf ca. 10-12 % (w/v) führte hingegen zu einer klassischen Spinnlösung (CSD). Mittels Nassspinnverfahren konnten beide Spinnlösungen zu stabilen Fasern versponnen und diese anschließend nachgestreckt werden, wobei ein deutlicher Anstieg der für die Stabilität der Fasern verantwortlichen ß-Faltblattbereiche beobachtet werden konnte. Die eMaSp1s-Fasern aus CSD zeigten gute mechanische Eigenschaften, welche sogar denen von N1L(AQ)12NR3 überlegen waren, während die Mischfasern (BSD) eine schlechtere Mechanik aufwiesen. Diese Erkenntnisse wurden für ein Modell zum Verhalten von eMaSp1s während des Spinnprozesses und in der finalen Faser genutzt. Im letzten Teil der Arbeit konnten durch Selbstassemblierung erfolgreich eMaSp1s- Hydrogele unterschiedlicher Konzentration hergestellt werden, welche scherverdünnendes Verhalten zeigten und damit eine wichtige Voraussetzung zur Verarbeitung mittels Dispensdruck erfüllten. Überraschenderweise zeigte eine Mischung von eMaSp1s und dem rekombinanten Spinnenseidenprotein eADF4(C16) deutlich verbesserte mechanische Eigenschaften im Vergleich zu Hydrogelen aus den einzelnen Proteinen. eMaSp1s und die Mischung wurden mittels Dispensdruck verarbeitet. Nach dem Druck zeigte sich die Mischung aber deutlich weniger formstabil als reine eADF4(C16)-Hydrogele. Allerdings erlangten eMaSp1s-Hydrogele ihre Mechanik nach einigen Tagen zurück, was sie zu potentiellen Kandidaten für Anwendungen z. B. als Wirkstoffdepots macht. In dieser Arbeit wurde das neuartige Seidenprotein eMaSp1s erstmals erfolgreich rekombinant hergestellt, charakterisiert und verarbeitet. Die Ergebnisse liefern einen ersten Eindruck zu den Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von eMaSp1s und legen den Grundstein für zukünftige Studien zum Potential des neuartigen Spinnenseidenproteins.

Abstract in weiterer Sprache

Natural spider silk shows fascinating characteristics, such as outstanding mechanical properties, biocompatibility and biodegradability. Female orb weaver spiders produce up to six different types of silk in specialized glands. The most prominent silk, the dragline, building the frame and radii of an orb web, mainly consists of two underlying protein classes, major ampullate spidroin 1 and 2 (MaSp1, MaSp2), which differ in proline content. All MaSp proteins described and characterized so far have a molecular weight between 200 and 350 kDa, showing a highly repetitive core domain consisting of up to 100 repeat units flanked by highly conserved terminal domains. In 2013, a novel type of spider silk protein was described in Cyrtophora moluccensis. This protein shows motifs (poly-A, GGX) typical for MaSp1 proteins. However, the protein is only about 40 kDa in size, lacking a repetitive core domain, but having multiple charged amino acids, clearly deviating from the building principle of most known MaSp proteins. It was named MaSp1 short (MaSp1s) due to its low molecular weight. In accordance to other MaSp proteins, the terminal domains were highly conserved. The objective of this work was the recombinant production and biochemical analysis of MaSp1s in order to examine its potential for the assembly of different silk morphologies such as fibers or hydrogels. By seamless cloning, the MaSp1s core domain was fused to the established terminal domains of Latrodectus hesperus and an affinity tag and produced by gene expression in E. coli followed by precipitation and chromatography purification. Secondary structure analysis revealed the distinct influence of the helically folded terminal domains in solution in comparison to the unstructured protein core. Thermal and chemical unfolding experiments showed the characteristic transition points previously shown for the terminal domains. Heidebrecht et. al. performed experiments with another spider silk full length protein containing both terminal domains, N1L(AQ)12NR3, in 2015. Based on the results, eMaSp1s (engineered MaSp1s) was tested for its potential to form stable silk fibers. Despite containing both terminal domains, eMaSp1s showed no phase separation initiated by the C-terminal domain in other constructs. After mixing eMaSp1s and N1L(AQ)12NR3 in an equimolar ratio, a phase separation could be observed and led to a highly concentrated phase that could be used as a biomimetic spinning dope (BSD). Concentration of eMaSp1s up to 10-12 % (w/v) resulted in a classical spinning dope (CSD). Using wet-spinning methods, both spinning dopes could be successfully spun into stable silk fibers. After post treatment (stretching), the ß-sheet content of the fibers increased, leading to higher fiber stability. eMaSp1s fibers gained from CSD showed impressive mechanical properties superior to those made of N1L(AQ)12NR3 while the mixed fibers (BSD) exhibited weaker mechanics. These findings were the basis for creating a model referring to the behavior of eMaSp1s during the spinning process and in the final silk fiber. Finally, eMaSp1 hydrogels were successfully produced by self-assembly. The hydrogels shows shear thinning behavior which is an important prerequisite for processing using dispense plotting. Surprisingly, a mixture of eMaSp1s and the recombinant spider silk protein eADF4(C16) showed improved mechanical properties in comparison to hydrogels made of only one single protein. eMaSp1s and the blended hydrogel were processed by dispense plotting but were less form-stable then pure eADF4(C16) hydrogels directly after printing. However, eMaSp1s hydrogels recovered their mechanics over a time period of a few days, making them a candidate for applications such as drug depots. Taken together in this work, the novel silk protein eMaSp1s was successfully recombinantly produced, characterized and processed into different morphologies. Our results provide first insights into the properties and possible uses of eMaSp1s and are the basis for future studies to fully understand the potential of this new spider silk protein.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation (Ohne Angabe)
Keywords: Spider Silk; Biopolymers; Hydrogels; Major Ampullate Spidroin; Silk Fibers; FTIR; Rheology; Circular Dichroism; Recombinant Spider Silk Proteins; Biomaterials; Silk Assembly; MaSp1s
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Biomaterialien > Lehrstuhl Biomaterialien - Univ.-Prof. Dr. Thomas Scheibel
Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School
Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT
Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Biomaterialien
Graduierteneinrichtungen
Sprache: Deutsch
Titel an der UBT entstanden: Ja
URN: urn:nbn:de:bvb:703-epub-3775-0
Eingestellt am: 13 Jul 2018 09:16
Letzte Änderung: 13 Jul 2018 09:16
URI: https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/3775

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