Titelangaben
Orlishausen, Michael:
Untersuchung temperaturgetriebener Transportprozesse mittels kolloidaler Markerteilchen.
Bayreuth
,
2018
. - XIX, 195 S.
(
Dissertation,
2018
, Universität Bayreuth, Fakultät für Mathematik, Physik und Informatik)
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Abstract
Temperaturgradienten führen zu Nichtgleichgewichtszuständen, aus denen vielfältige Transportphänomene hervorgehen. Diese Arbeit befasst sich mit zwei ausgewählten Effekten in binären Lösungen. Zum einen mit dem auch als Thermodiffusion bekannten Ludwig-Soret Effekt, der den Stofftransport aufgrund eines Temperaturgradienten beschreibt. Zum anderen mit der als Marangoni-Konvektion bekannten Strömung, die dann auftritt, wenn die Oberflächenspannung an Grenzflächen aufgrund einer ortsabhängigen Temperatur ebenfalls räumlich variiert. Experimentell ist allen hier diskutierten Untersuchungen gemein, dass durch die Benutzung von kolloidalen Markerteilchen mit Radien zwischen 0.1 µm und 1.0 µm lichtmikroskopische Techniken zur Visualisierung dieser Effekte genutzt werden können. Da die Thermodiffusion in vielen Systemen ein Effekt relativ kleiner Amplitude ist, sind zur Sichtbarmachung sehr hohe Temperaturgradienten erforderlich. Diese werden dadurch erzeugt, dass die Oberflächenplasmonenresonanz metallischer Markerteilchen, hier Gold, zur photothermischen Erhitzung genutzt werden kann. Aufgrund der geringen Größe dieser Teilchen sind sie näherungsweise als Punktheizquellen anzusehen, die ein zum inversen Abstand 1/r proportionales Temperaturfeld erzeugen. Die Temperaturgradienten nahe an der Teilchenoberfläche können dabei Werte von 1E9 K/m erreichen. Ergänzt werden die experimentellen Erkenntnisse durch hauptsächlich qualitative numerische Simulationen. Die Auswahl der binären Lösungen umfasst die Polymerlösungen Polystyrol (PS) in Toluol und Poly-(N)-isopropylacrylamid (PNIPAM) in Wasser, sowie die Lösung von Ethanol in Wasser. Für die Polymersysteme wird zwischen verdünnten Lösungen und verschlauften transienten Netzwerken unterschieden. In einem einführenden Kapitel werden zunächst die physikalischen Grundlagen, auf denen diese Arbeit beruht, dargelegt. Neben der Thermodiffusion zweikomponentiger Lösungen liegt der Fokus dabei auf der Physik von Polymeren, der Oberflächenplasmomenresonanz von metallischen Nanopartikeln, sowie den Diffusions- und Thermodiffusionseigenschaften dieser beiden Stoffklassen. Zudem wird die Entstehung von Temperaturgradienten durch Verdampfung an Grenzflächen und die daraus resultierende Konvektion thematisiert. Im darauf folgenden Kapitel wird eine analytische und numerische Diskussion der erweiterten Diffusionsgleichung durchgeführt, um darzulegen, wie sich die durch den Soret-Effekt entstehende thermophoretische Netzwerkverschiebung in einem verschlauften Polymernetzwerk zeitlich aufbaut. Daraus geht ein genäherter analytischer Ansatz zur Beschreibung der experimentellen Daten hervor. Innerhalb des ersten Kapitels mit experimentellem Fokus werden hauptsächlich Beobachtungen in hochverschlauften Netzwerken von Polystyrol in Toluol vorgestellt. Dabei wird die Validität des erarbeiteten analytischen Modells an Messdaten erprobt und die Abhängigkeit der thermophoretischen Verschiebung von der eingestellten Laserleistung untersucht. Weitere Untersuchungen befassen sich damit, wie sich eine zunehmende Verdünnung des Polystyrols auf die Systemantwort auf ein rapides, punktförmiges Heizen auswirkt. Zentral werden dabei die Ergebnisse einer lokal erhöhten Mobilisierung von eingebetteten Markerteilchen in Folge der Konzentrationsverarmung des Polymers diskutiert. Weiterführend wird dann das, aufgrund einer Mischungslücke bei Überschreiten von 32°C}, komplexere System von PNIPAM in wässriger Lösung untersucht. Dabei wird einführend charakterisiert, wie sich eine lokale Entmischung in einem Temperaturgradienten abhängig von Heizzeit, Heizleistung, sowie verschiedener Heizsequenzen in Proben von geringem Molekulargewicht ausbildet. Hochgeschwindigkeitsaufnahmen werden verwendet, um zu verdeutlichen, wie Markerteilchen die Veränderung der Netzwerktopologie innerhalb des entmischenden Bereiches vor Ausprägung des Phasenübergangs abbilden. Anschließend wird die thermophoretische Netzwerkverschiebung in einer verschlauften Lösung auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Polystyrol in Toluol hin untersucht. Im letzten Kapitel werden numerische Simulationen vorgestellt, deren Ziel es ist, experimentelle Beobachtungen von binären Flüssigkeiten in Mikrokanälen nachzubilden, und somit zu deren Verständnis beizutragen. Konkret handelt es sich dabei um das Entstehen von klar definierten Teilchenverarmungszonen, die an Grenzflächen zwischen Flüssigkeit und Gasphase in Mischungen von Ethanol und Wasser auftreten. Sie sind eine Folge von Marangoni-Konvektionsrollen in der Flüssigkeit und bilden sich aus, weil Teilchen von Stromlinien verdrängt werden, die den Meniskus näher als einen Teilchenradius passieren. Aus Finite-Elemente-Simulationen der Navier-Stokes-Gleichung geht die Reproduktion der kritischen Stromlinie zwischen Verarmungszone und dem Bereich der Aufkonzentration der Teilchen hervor. Weiterführend wird, basierend auf Langevin-Simulationen, der Einfluss der Diffusion modelliert und präsentiert, inwieweit diese den Separationsmechanismus zusätzlich verstärkt.
Abstract in weiterer Sprache
Temperature gradients lead to non equilibrium states which manifest in a multitude of transport phenomena. This work focuses on two distinct effects in binary solutions. One of those, the Ludwig-Soret effect, which is also known as thermodiffusion, describes the mass transport driven by a temperature gradient. The other is Marangoni-convection, which occurs, when surface tension also shows a spatial variation due to a local temperature difference. On the experimental side, all of the research discussed in this has in common that, through the use of colloidal tracer particles of radii between 0.1 µm and 1.0 µm, the means of light microscopy can be used for visualization. As thermodiffusion is a rather weak effect in many systems, very high temperature gradients are required for it to become prominent. Those can be created by using the surface plasmon resonance of metallic nanoparticles, in this case gold, for photothermal heating. Due to the small size of these particles, they can be approximated as point like heat sources, which create a temperature field that is proportional to the reciprocal distance 1/r. The temperature gradients at the surface of such particles can reach values of up to 1E9 K/m. Experimental findings are complemented by mostly qualitative numerical simulations. Binary systems comprise solutions of polystyrene (PS) in toluene and poly-(N)-isopropylacrylamid (PNIPAM) in water as well as ethanol in water. In case of the polymer systems, a distinction between diluted solutions and entangled transient networks is made. In an introductory chapter the physical foundations of this work are presented. Aside from thermodiffusion of binary solutions, the focus is on the physics of polymers, the surface plasmon resonance of metallic nanoparticles and on the diffusion and thermodiffusion of both. Moreover, the formation of temperature gradients due to evaporation at interfaces and the resulting convection are addressed. The following chapter involves an analytic and numerical discussion of the extended diffusion equation in order to show how the Soret-driven thermophoretic network displacement in an entangled polymer solution evolves in time. This then leads to an approximated analytic approach for a description of the experimental data. In the first chapter focused on experimental results, the observations for highly entangled networks of polystyrene in toluene are presented. This includes testing both the validity of the approximated analytic approach by comparison with measured data and the laser power dependence of the thermophoretic displacement. Further investigations consider how an ongoing dilution of polystyrene influences the system response to a rapid heating of a point-like heat source. A central point of discussion is the locally increased mobility of embedded tracer particles due to a concentration depletion of the polymer. Additionally, the system of PNIPAM in aqueous solution, which is a more complex one due to a miscibility gap at 32°C, is examined. As an introductory part, the influences of heating power, heating time and different heating sequences on the local demixing in a temperature gradient are characterized for samples of low molecular weight. Highspeed measurements are used to clarify how tracer particles visualize the change in network topology during the demixing process in the two phase region. At the end of that chapter, the thermophoretic network displacement in an entangled solution of PNIPAM in water is compared to that of polystyrene in toluene. The last chapter shows mainly numerical solutions which aim at reproducing experimental results for binary fluids in microchannel structures and therefore support the understanding of the observed phenomena. Specifically, this targets distinct particle depletion areas, which occur at the interfaces of a solution of ethanol and water and its gaseous phase. They are a result of Marangoni-convection rolls in the fluid and form as tracer particles are displaced from occupied streamlines, which pass the meniscus closer than one particle radius. Based on finite element simulations of the Navier-Stokes equation, a reproduction of the critical streamlines between particle depletion and accumulation is achieved. Using those results, the calculated flow field is used in Langevin simulations to evaluate and show the influence of diffusion on the amplification of the depletion mechanism.