Titelangaben
Schacht, Kristin:
Dreidimensionale Gerüste aus rekombinanten Spinnenseidenproteinen für biomedizinische Anwendungen.
Bayreuth
,
2016
. - VI, 195 S.
(
Dissertation,
2016
, Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT )
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Abstract
Das Ziel der Gewebezüchtung (Tissue Engineering) ist die Wiederherstellung, Erhaltung oder Optimierung von biologischen Gewebefunktionen und sogar ganzen Organen. Bei komplexen und schwerwiegenderen Verletzungen wird eine Trägermatrix bzw. ein 3D Gerüst (Scaffold) benötigt. Die Gerüste aus Polymeren, Keramiken oder Metallen werden durch traditionelle oder additive Fertigungsverfahren hergestellt, bevor die Besiedelung der Zellen und Kultivierung erfolgt. Um Zelladhäsion, migration, proliferation und differenzierung zu ermöglichen, müssen die 3D Scaffolds viele Anforderungen erfüllen. Zum einen spielen die Oberflächenladung und Benetzbarkeit sowie die Topographie der Gerüste eine entscheidende Rolle. Zum anderen müssen die Porengröße, Porosität sowie mechanischen Eigenschaften der Gerüste die Zelladhäsion erlauben und fördern. Aufgrund ihrer Biokompatibilität werden für die Herstellung dieser Gerüste vor allem Biopolymere verwendet. Je nach Anwendungsgebiet und Zelllinie müssen die Materialien und Gerüsteigenschaften angepasst werden, so dass die natürliche extrazelluläre Matrix möglichst genau nachgeahmt wird. Zu den traditionellen Fertigungsverfahren zählen u. a. die Gefriertrocknung und das Auslaugen von Salzen (Salt leaching). Durch das Variieren der Salzpartikelgröße und der Parameter während des Einfrierens können Gerüste mit definierten Poren hergestellt werden. Ein entscheidender Nachteil dieser Methoden ist die fehlende Genauigkeit bei der Herstellung der Gerüste und die komplizierte Steuerung und Regulierung der inneren Struktur. Deshalb werden additive Fertigungsverfahren, wie z. B. die Stereolithographie und der 3D Druck, eingesetzt. Durch einen automatisierten Prozess können komplexe dreidimensionale Strukturen computergesteuert aufgebaut werden. Bei den meisten additiven Fertigungsverfahren erfolgt die Verarbeitung unter extremen Bedingungen (hohe Temperaturen, Drücke), weil klassische Werkstoffe verwendet werden. Deshalb erfolgt die Besiedelung der Scaffolds mit Zellen auch hier erst nach der Herstellung. Allerdings kann dadurch die Zellbesiedelung des Gerüstes teilweise inhomogen erfolgen sowie das Gewebewachstum ungleichmäßig sein. Eine vielversprechende Alternative zur klassischen Gewebezüchtung ist die Biofabrikation, bei der durch eine automatisierte Herstellung biologisch funktionale Produkte mit struktureller Organisation aus lebenden Zellen, bioaktiven Molekülen oder Biomaterialien durch Biodrucken oder Bioassemblierung und nachfolgender Reifung entstehen. Durch Prozesse, wie z. B. Tintenstrahldruck, Dispensdruck und laserinduzierter Vorwärtstransfer, können hierarchische, dem natürlichen Gewebe nachempfundene Strukturen erzeugt werden, die eine schnelle Vaskularisierung und Ausbildung funktionaler Komponenten ermöglichen. Die eingesetzten Materialien, vor allem Hydrogele, müssen bei diesen Methoden sowohl druckbar als auch biokompatibel sein. Hydrogele aus natürlichen Polymeren, wie z. B. Alginat und Gelatine, sind bereits in der Biofabrikation als druckbare Materialien (Biotinten) etabliert. Dennoch wird intensiv an alternativen Biomaterialien geforscht, um beispielsweise die Formstabilität der gedruckten 3D Konstrukte und deren Biokompatibilität zu erhöhen. Die Verwendung von natürlichen Polysacchariden und Proteinen ist vor allem durch deren variierende Qualität und das mögliche Auslösen von immunogenen Reaktionen und Krankheitsübertragungen begrenzt. Deshalb ist es von großem Interesse, dass neue Biopolymere entwickelt werden, die in dieser Komplexität und Funktionalität in der Natur nicht vorkommen. Spinnenseide ist aufgrund ihrer Biokompatibilität und Bioabbaubarkeit eine vielversprechende Alternative für die Gewebezüchtung. Designte Spinnenseidenproteine eADF4(C16) und deren Varianten, die auf der repetitiven Kernsequenz des Dragline Seidenproteins Araneus diadematus Fibroin 4 (ADF4) der europäischen Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) basieren, können heutzutage biotechnologisch effizient hergestellt werden. Ein Vorteil der rekombinanten Herstellung ist, dass die Proteine genetisch modifiziert werden können. Nach der biotechnologischen Herstellung können die rekombinanten Spinnenseidenproteine in verschiedene Morphologien, wie z. B. Schäume und Hydrogele überführt werden. Im Rahmen dieser Dissertation wurden durch unterschiedliche Herstellungsverfahren 3D Scaffolds aus dem rekombinanten Spinnenseidenprotein eADF4(C16) und der mit einer Zelladhäsionsdomäne modifizierten Variante eADF4(C16) RGD hergestellt. Zunächst wurden, durch das Auslaugen von Salz, Schäume mit einer definierten und steuerbaren Porengröße (30 – 440 µm), Porosität (> 91 %) und mechanischen Eigenschaften im Bereich von Weichgeweben produziert. Zudem waren die Schäume proteolytisch abbaubar, so dass sie nach und nach von der natürlichen extrazellulären Matrix ersetzt werden konnten. Die Analyse der Biokompatibilität dieser porösen Strukturen zeigte, dass Mausfibroblasten auf den Schäumen aus eADF4(C16) nicht adhärieren und proliferieren können, dies aber durch die Einführung des Zelladhäsionsmotivs RGD ermöglicht wird. Die Zellen waren durch die Offenporigkeit und Interkonnektivität des Schaumes im gesamten Gerüst gleichmäßig verteilt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Schäume aus den rekombinanten Spinnenseidenproteinen attraktiv für den Einsatz als Trägermatrix in der Gewebezüchtung sind. Da durch einen computergesteuerten automatisierten Herstellungsprozess die äußere und innere Struktur von Gerüststrukturen besser reguliert werden können, wurde im zweiten Teil der Arbeit das Potential von Hydrogelen aus rekombinanten Spinnenseidenproteinen als Biotinte evaluiert. Die selbstassemblierten Hydrogele konnten aufgrund der schnellen, reversiblen supramolekularen Wechselwirkungen der Proteine und des scherverdünnenden Verhaltens des Proteinnetzwerkes direkt mittels Dispensdruck verarbeitet werden. Es entstanden mehrlagige, formstabile 3D Konstrukte, die nicht durch zusätzliche Quervernetzer mechanisch stabilisiert werden mussten. Vor dem Drucken wurden zu der eADF4(C16)-Spinnenseidenlösung humane Fibroblasten gemischt, deren Zugabe weder einen Einfluss auf die physikalische Gelbildung noch auf den Druckprozess hatte. Die Zellen überlebten den Druckprozess und waren über sieben Tage vital. Allerdings sank während des Gelbildungsprozesses die durchschnittliche Viabilität der Zellen um ca. 30 %. Außerdem zeigten die eingekapselten Zellen nach einer Woche noch keine gespreitete Zellmorphologie. Deshalb wurde untersucht, wie die Überlebens und Proliferationsrate der Zellen verbessert werden kann. Sowohl durch die Seidenproteinkonzentration als auch die Integration der funktionalen Gruppe RGD konnte die Proliferation der Zellen initiiert werden. Über einen Zeitraum von 15 Tagen proliferierten sowohl Fibroblasten als auch Myoblasten in den Hydrogelen aus eADF4(C16) RGD. Die durch die Salt leaching Methode und die Biofabrikation hergestellten 3D Scaffolds sind vielversprechend für die Gewebezüchtung, da nicht nur die Gerüsteigenschaften (z. B. durch Variation der Proteinkonzentration), sondern auch deren Biokompatibilität gesteuert werden können.
Abstract in weiterer Sprache
The aim of tissue engineering is to restore, maintain or optimize biological tissue functions and to potentially replace whole organs. To reach this aim, a 3D scaffold for the guidance of cells is required. The scaffolds comprise polymers, ceramics or metals and can be produced by various processes (i. e. additive manufacturing). Independent of the processing method, there are many requirements these scaffolds have to fulfill: they have to support cell adhesion, migration, proliferation and differentiation. On one side the hydrophobicity, surface charge and topography of the scaffolds are important. On the other side pore size, porosity, and mechanical properties of the scaffolds have to be adjusted to allow and promote cell adhesion. Due to their biocompatibility, especially biopolymers can be used as scaffold materials. Depending on the field of application, material and scaffold properties need to mimic the natural extracellular matrix as closely as possible. Traditional manufacturing methods include for example freeze drying and salt leaching. By variation of the parameters during freezing or the salt particle size, scaffolds with defined pores can be produced. An important disadvantage of these methods is the lack of accuracy in the production of the scaffolds and the lack of control over the internal structure. Therefore, additive manufacturing, such as stereolithography and 3D printing have been used. Most of these techniques are carried out under extreme conditions (e. g. high temperatures, pressures), since conventional materials are employed. However, the cell cultivation of the scaffold occurred after manufacturing and the placement of cells in the scaffold is not controlled. A promising alternative to traditional tissue engineering is biofabrication, also called bioprinting, the simultaneously processing of cells, signaling molecules and materials into 3D constructs. The hierarchical structures of the natural tissue can be achieved by automated processes, such as inkjet printing, robotic dispensing and laser induced forward transfer. Imitating natural structures enables rapid vascularization and formation of functional components. One of the greatest challenges within the field of biofabrication is the development of process compatible materials. The materials used in biofabrication, especially hydrogels, must be both printable and biocompatible. Hydrogels made of natural polymers, such as alginate and gelatin are already established as bio printable materials (bioinks). Nevertheless, further research for alternative biomaterials for example to increase form stability of the printed 3D constructs and their biocompatibility must be done. The use of natural polysaccharides and proteins is limited primarily by the varying quality and the possible induction of immunogenic reactions and diseases. Spider silk is a promising candidate in tissue engineering due to its biocompatibility and biodegradability. The recombinant spider silk proteins eADF4(C16) and its modified variant eADF4(C16) RGD are based on the repetitive core sequence of the dragline silk protein ADF4 (Araneus diadematus fibroin 4) of the European garden spider (Araneus diadematus). The biotechnological production of these proteins enables a high amount with consistent quality. The proteins can be genetically modified and processed into different three dimensional morphologies, such as foams and hydrogels. In this thesis different manufacturing processes were used to prepare 3D scaffolds made of eADF4(C16) and eADF4(C16) RGD. First, foams with defined pore sizes (30 440 µm), controlled porosity (> 91 %) and mechanical properties in the range of soft tissues were produced by salt leaching. The foams were proteolytically degradable, and can be gradually replaced by the natural extracellular matrix. The analysis of the biocompatibility of these porous structures showed that mouse fibroblasts cannot adhere or proliferate on foams made of eADF4(C16). The adhesion and proliferation could be significantly improved by the introduction of the cell adhesion motif RGD. The cells were homogeneously distributed over such a scaffold due to its open porosity and interconnectivity. Since the outer and inner structure of a 3D printed scaffold can be better adjusted by a computer controlled automated manufacturing process, the potential of hydrogels made of recombinant spider silk proteins as bioink was evaluated. The self assembled hydrogels could be printed by robotic dispensing due to the rapid reversible supramolecular interactions of the proteins and the shear thinning behavior of the protein networks. Multi layer, form stable 3D constructs could be printed without the need of crosslinker or additives to stabilize the constructs. Before printing, human fibroblasts were added to the eADF4(C16) spider silk solution. The addition of the cells had no impact on the physical gelation and the printing process. In addition, the cells survived the printing process and were viable for more than seven days. Incubation of the hydrogel without the addition of fresh media resulted in a decrease in the viability of the cells by approximately 30 %. In addition, the encapsulated cells showed round cell morphology after one week. In order to improve the cell proliferation rate and morphology, the fabrication of the bioink was optimized. The survival and proliferation of the cells could be controlled by the spider silk protein concentration and the introduction of the functional group RGD. Over a period of 15 days encapsulated fibroblasts and myoblasts proliferated well in the hydrogels made of eADF4(C16) RGD. The spider silk 3D scaffolds produced by salt leaching and biofabrication are promising candidates for tissue engineering, because both the scaffold’s properties and its biocompatibility can be controlled i. e. by the protein concentration and the introduction of functional groups.