Titelangaben
Koch, Johanna:
Mia40 ist optimiert für die duale Funktion als Proteinimport- und Faltungshelfer in Mitochondrien.
Bayreuth
,
2014
. - III,147 S.
(
Dissertation,
2014
, Universität Bayreuth, Fakultätsübergreifende Einrichtung)
Volltext
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Abstract
Die Thiol-Disulfid-Oxidase Mia40 bildet zusammen mit der Sulfhydryloxidase Erv1 ein Disulfidstaffelsystem zur oxidativen Faltung von Proteinen im mitochondrialen Intermembranraum. Substratproteine, die im Cytosol synthetisiert und anschließend durch die TOM-Pore der äußeren Mitochondrienmembran transportiert werden, werden durch Mia40 oxidiert und so durch Ausbildung des nativen Zustands an der Rückdiffusion gehindert. Der Mechanismus der Substratoxidation durch Mia40 wurde im Rahmen dieser Arbeit anhand der Interaktion mit dem natürlichen Substrat Cox17 untersucht. Wildtyp-Cox17 enthält vier Cysteine, die zwei Disulfidbrücken bilden. Zusätzlich wurden Cox17-Varianten verwendet, die nur jeweils ein, bzw. zwei Cysteine enthielten und die aufgrund gezielter Aminosäuresubstitutionen unterschiedliche Hydrophobizitäten aufwiesen. Die Kinetik der oxidativen Faltung dieser Varianten durch Mia40 wurde durch spektroskopische Messungen nach schneller Mischung und durch elektrophoretische Methoden analysiert. Weiterhin wurden die pK-Werte von Cysteinen aus Mia40 und Cox17 und die Reduktionspotentiale der gemischten Disulfide, sowie die konformationellen Stabilitäten der Proteine untersucht, um die molekularen Determinanten der Thiol-Disulfid-Austauschreaktionen zu bestimmen. Mia40 bildet zunächst über eine flache, hydrophobe Furche einen nicht kovalenten Komplex mit reduzierten Substratproteinen aus. Diese Bindung ist hoch dynamisch und nicht auf natürliche Substrate beschränkt. Die Affinität von Mia40 zu Proteinen steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Exposition hydrophober Bereiche und damit mit dem Faltungszustand. Aus diesem Grund interagiert Mia40 nicht mehr mit oxidiertem, nativ gefaltetem Cox17. Die vier Cysteine von Cox17 reagieren sehr unterschiedlich mit Mia40. Das hochreaktive Cys36 wird durch die drei benachbarten hydrophoben Aminosäuren Ile, Leu und Phe optimal zum aktiven Zentrum von Mia40 hin ausgerichtet und reagiert daher 400-fach schneller als Cys26 zum gemischten Disulfid. Ausgehend von diesem initialen Intermediat mit Cys36 können durch Angriff eines der drei verbliebenen Cysteine in Cox17 ein natives, oder je eines von zwei nicht nativen Disulfiden im Substrat ausgebildet werden. Die Bildung des korrekten Disulfids ist kinetisch stark begünstigt, so dass zunächst eine teiloxidierte Cox17-Spezies mit einem nativen Disulfid freigesetzt wird. Dieses Intermediat ist nach wie vor weitgehend unstrukturiert und kann so für den nachfolgenden Katalysezyklus gut mit einem weiteren Mia40-Molekül interagieren. In dieser Reaktion wird dann das zweite native Disulfid gebildet, was der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der oxidativen Faltung von Cox17 ist. Mia40 besitzt keine Information über den korrekten Faltungsweg der Substrate. Vielmehr wird die Freisetzung des oxidierten Proteins aus dem Komplex mit Mia40 thermodynamisch durch die konformationelle Faltung des Substrats und die Einnahme des stabilen nativen Zustands angetrieben. Die eukaryotische Oxidoreduktase PDI aus dem endoplasmatischen Retikulum und die bakterielle Thioloxidase DsbA aus dem Periplasma führen Disulfidbrücken wesentlich schneller in Cox17 ein, als Mia40 dies vermag. Allerdings werden zunächst hauptsächlich falsche Disulfide gebildet. Dies kann durch die Disulfidisomerasefunktion von PDI korrigiert werden, bei Oxidation durch DsbA bleiben die nicht nativen Disulfidbrücken bestehen. Die Oxidation von Cox17 durch Mia40 führt hingegen zu korrekt verbrücktem, nativem Protein. Dies liegt in erster Linie an der extremen Langlebigkeit der gemischten Disulfide, bedingt durch günstige hydrophobe Wechselwirkungen zwischen Mia40 und Cox17. Diese Interaktionen führen zu einer Erhöhung der Konformationsstabilität von Mia40 im Komplex und damit einhergehend zu einer starken Erniedrigung des Reduktionspotentials des gemischten Disulfids gegenüber dem katalytischen Disulfid in Mia40. Die Langlebigkeit der gemischten Disulfide zwischen Mia40 und Substratproteinen ist eine wichtige Eigenschaft um dem Substrat im gebundenen Zustand ausreichend Zeit zu geben, um über mehrere Thiol-Disulfid-Austauschreaktionen ein stabiles, intramolekulares Disulfid zu bilden, das von Mia40 freigesetzt wird. Außerdem sorgt die Langlebigkeit des kovalenten Komplexes dafür, dass importierte, entfaltete Proteine zunächst im Intermembranraum gehalten werden. Fehlverbrückte Spezies konnten während der Oxidation von reduziertem Cox17 durch Mia40 mittels Gelelektrophorese nicht nachgewiesen werden. Die einfache Struktur des Substrats und die gerichtete initiale Reaktion von Mia40 mit Cys36 in Cox17, sowie die kinetische Kontrolle der Auflösung des gemischten Disulfids zugunsten der Bildung des ersten nativen Disulfids im Substrat, könnten tatsächlich zur nahezu ausschließlichen Bildung von nativem Cox17 führen. Anhand der Isomerisierung von künstlich fehlverbrücktem Cox17 in den nativen Zustand konnte aber nachgewiesen werden, dass Mia40 neben der reinen Thioloxidase- auch eine schwache, aber signifikante Disulfidisomerasefunktion besitzt. Sie könnte für die korrekte oxidative Faltung komplexer Substrate essentiell sein. Die Ergebnisse dieser Arbeit unterstreichen die mechanistischen Besonderheiten von Mia40 im Vergleich zu den gut untersuchten Enzymen der Thioredoxinfamilie. Die für Mia40 spezifische Nähe von hydrophober Bindungsfurche und katalytischem Disulfid stabilisiert das gemischte Disulfid mit Substratproteinen. Dies ist sowohl für den vektoriellen Transport der Proteine in den Intermembranraum, als auch für die Bildung nativer Disulfide im Substrat essentiell. Die simultane Optimierung von Mia40 für die schnelle Bildung langlebiger kovalenter Enzym-Substrat-Komplexe und die dennoch relativ effiziente Freisetzung oxidierter Substrate zeigt, dass Mia40 hervorragend an die duale Funktion als Importrezeptor und zentrale Thioloxidase des mitochondrialen Intermembranraums angepasst ist.
Abstract in weiterer Sprache
The thiol oxidase Mia40 and the sulfhydryl oxidase Erv1 constitute a disulfide relay system in the mitochondrial intermembrane space for the oxidative folding of proteins. Substrate proteins are synthesized in the cytosol and subsequently transported into the mitochondria via the TOM-pore in the outer membrane. In the intermembrane space, they become oxidized by Mia40 and the formation of the native structure prevents diffusion back into the cytosol. In this thesis, the mechanism of substrate oxidation by Mia40 was analyzed using the natural substrate Cox17. Wildtype Cox17 contains four cysteines that form two disulfide bonds. Additionally, Cox17 sequence variants were used that contained only one or two cysteines, respectively, and that differed in their hydrophobicity. The kinetics of oxidative folding of these variants was analyzed with spectroscopic measurements after rapid mixing and with electrophoretic methods. Moreover, the pK values of the cysteines in Mia40 and Cox17, the reduction potentials of the mixed disulfides and the conformational stabilities of the proteins were determined to identify the molecular determinants of the thiol-disulfide exchange reactions. Mia40 initially forms a non covalent complex with reduced substrate proteins via a shallow, hydrophobic groove. This binding is highly dynamic and not restricted to natural substrates. Rather, the binding affinity of Mia40 to proteins is directly related to the exposure of hydrophobic residues and thereby to their folding state. Therefore, the interaction between Mia40 and oxidized, folded Cox17 is abolished. The four cysteines in Cox17 differ strongly in their reactivity towards Mia40. The highly reactive Cys36 is oriented ideally towards the active site in Mia40 by the steering function of the three neighboring, hydrophobic amino acids Ile, Leu and Phe and therefore reacts 400-fold more rapidly than Cys26 to form the mixed disulfide. The mixed disulfide between Mia40 and Cys36 from Cox17 can be resolved by an attack from any of the three remaining substrate cysteines to form either a native, or one of two non native disulfides. Formation of the native disulfide is kinetically strongly favored and therefore a partially oxidized Cox17 species with one native disulfide is released. This folding intermediate is still largely unstructured and thus able to efficiently interact with another Mia40 molecule for a second cycle of catalysis. In this reaction, the second native disulfide is formed, which is the rate limiting step of catalysis. Mia40 itself does not contain information about the correct folding state of the substrate. Rather, the release of oxidized Cox17 from the complex with Mia40 is thermodynamically driven by the conformational folding of the substrate that energetically favors the oxidized structure. The eukaryotic oxidoreductase PDI from the endoplasmic reticulum and the prokaryotic thiol oxidase DsbA from the periplasm oxidize Cox17 much faster than Mia40. However, initially mainly non native disulfides are formed. They can be corrected by the disulfide isomerase activity of PDI, but not by DsbA. Oxidation of Cox17 by Mia40 leads to the correctly folded, native substrate. This is mainly due to the persistence of the mixed disulfides, mediated by hydrophobic interactions between Mia40 and Cox17. The structure of Mia40 within the mixed disulfide is stabilized compared to the isolated oxidized and reduced forms, which concomitantly leads to a strong decrease of the reduction potential of the mixed disulfide compared to the catalytic disulfide in Mia40. The formation of long-lived mixed disulfides between Mia40 and substrates is an important feature to provide the bound substrate with enough time to explore multiple ways of thiol disulfide exchange reactions to select the most stable conformation that is finally released from Mia40. Furthermore, the persistence of the covalent complex helps to transiently retain imported, unfolded proteins in the intermembrane space. With electrophoretic methods, scrambled intermediates could not be detected during oxidative folding of Cox17 by Mia40. This could be due to the very simple structure of Cox17, the preferred initial reaction of Mia40 with Cys36 in Cox17 and the kinetic control of the dissolution of the mixed disulfide that favors formation of the native disulfide. By analyzing the isomerisation of artificially scrambled Cox17 with reduced Mia40, it could be shown that Mia40 also exhibits disulfide isomerase activity. Acting as an isomerase could be an essential prerequisite to correctly oxidize and fold more complex substrates. The results of this work underline the distinctive features of the mechanism of action of Mia40 compared to the well established folding helper enzymes of the thioredoxin family. The proximity of the hydrophobic substrate binding groove and the catalytic disulfide, that is characteristic for Mia40, stabilizes the mixed disulfides with substrate proteins. This is important for the unidirectional transport of the proteins into the intermembrane space, as well as for the formation of native disulfides in the substrate. The simultaneous optimization of Mia40 for the rapid formation of long-lived mixed disulfides and the still effective release of oxidized substrates points to an excellent adaption of Mia40 to the dual function as initial import receptor and central oxidase of the mitochondrial intermembrane space.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Dissertation (Ohne Angabe) |
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Keywords: | Mia40; Oxidative Faltung; Disulfidbrücken; Thiol-Disulfid-Oxidoreduktase |
Themengebiete aus DDC: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften; Biologie |
Institutionen der Universität: | Graduierteneinrichtungen Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT > Molekulare Biowissenschaften |
Sprache: | Deutsch |
Titel an der UBT entstanden: | Ja |
URN: | urn:nbn:de:bvb:703-epub-1729-9 |
Eingestellt am: | 21 Aug 2014 10:04 |
Letzte Änderung: | 24 Mai 2016 12:53 |
URI: | https://epub.uni-bayreuth.de/id/eprint/1729 |