Titelangaben
Kunkel, Uwe:
Meeting the challenges of quantifying the elimination processes of pharmaceuticals in rivers.
Bayreuth
,
2014
. - XVIII, 128, A-46 S.
(
Dissertation,
2014
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
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Abstract
Die Verfügbarkeit von Humanarzneimitteln zur Behandlung von Krankheiten aller Art bildet einen integralen Bestandteil der modernen Gesellschaft. Nach ihrer Einnahme werden Pharmaka im Körper meist nur unvollständig metabolisiert, wieder ausgeschieden und ins Abwassersystem eingetragen. Dort werden Pharmaka durch Transformationsprozesse während der biologischen Stufe oder durch Sorption an Überschussschlamm teilweise entfernt, trotzdem wird ein Großteil über die Kläranlagenabläufe in Bäche und Flüsse emittiert. Bisher gibt es dennoch kaum Studien, die Eliminierungsprozesse von Arzneimittelrückständen in Flüssen quantitativ beschrieben haben. Das Ziel dieser Arbeit war es, diese Wissenslücke zu schließen und prozessorientiert Daten über das Verhalten von Arzneimittelrückständen in Fließgewässern zu gewinnen. Als erster Ansatz wurde ein Tracerversuch mit Arzneimittelwirkstoffen durchgeführt. Hierzu wurden neben zwei Fluoreszenzfarbstoffen sechs Pharmaka als Dirac Puls in einen Bach gegeben und entlang eines 16 km langen Flussabschnittes an fünf Messstellen mit automatischen Probennehmern Wasserproben entnommen. Das Schmerzmittel Ibuprofen und der Lipidsenker Clofibrinsäure wurden dabei innerhalb des Untersuchungsgebietes Fließstrecke entfernt. Für die anderen vier betrachteten Pharmaka (Bezafibrat, Diclofenac, Metoprolol, Naproxen) konnte keine Eliminierung nachgewiesen werden. Aufgrund der geringeren Austauschraten zwischen Oberflächenwasser und Sedimenten wurde die Eliminierung von Ibuprofen und Clofibrinsäure auf biologische Transformation in Biofilmen, die an Wasserpflanzen und auf der Sedimentoberfläche in hohem Ausmaß vorkamen, zurückgeführt. Basierend auf den Messdaten des Tracerversuchs wurde ein reaktives Stofftransportmodell entwickelt, das erstmals die Differenzierung von Einzelprozessen in der fließenden Welle und Speicherzonen ermöglichte. Als zweiter Ansatz wurde eine Feldstudie an einem Fließgewässer, das optimale Bedingungen für die Entfernung von Pharmaka bietet, durchgeführt. Die Feldarbeiten fanden an einem 12,5 Kilometer langen Flussabschnitt in der Nähe von Nürnberg statt, an dessen beiden Enden Mischproben entnommen und auf zehn Arzneimittelwirkstoffe analysiert wurden. Darüber hinaus wurde an drei Stellen entlang der Fließstrecke das Porenwasser tiefenorientiert beprobt sowie in situ Phototransformationsstudien durchgeführt. Für alle Stoffe konnte relativ zu Carbamazepin eine Entfernung festgestellt werden. Photoabbau war nur für das Schmerzmittel Diclofenac und für den Betablocker Sotalol ein relevanter Eliminierungspfad. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurden die anderen Stoffe durch biologische Prozesse in den Flusssedimenten entfernt. Der postulierte Bioabbau des Betablockers Metoprolol wurde durch eine Änderung des Verhältnisses der beiden Enantiomere entlang des Untersuchungsgebietes verifiziert. Als dritter Ansatz wurde ein Labortestsystem entwickelt, das die advektiv dominierten Austauschprozesse zwischen Oberflächenwasser und Sedimenten nachstellt und somit die Bestimmung von Abbauraten von Stoffen in Fließgewässern unter umweltnahen Bedingungen ermöglicht. Mit Hilfe dieses aus rezirkulierend betriebenen Sedimentsäulen bestehenden Systems wurden Kinetiken für den biologischen Abbau ausgewählter Pharmaka in verschiedenen Sedimenten bestimmt. Abgesehen von einer anfänglichen Einstellung eines Sorptionsgleichgewichts für die beiden Betablocker Metoprolol und Propranolol trugen abiotische Prozesse in den Sedimenten nicht zur Eliminierung bei. Für alle Substanzen lagen die abgeleiteten Eliminierungsraten deutlich über den aus statischen Batchexperimenten bestimmten Werten und die Filtergeschwindigkeit hatte nur einen geringen Einfluss auf die Eliminierungsraten der Pharmaka. Die Ergebnisse zeigten, dass das gewählte rezirkulierende Testdesign zwei entscheidende Vorteile gegenüber Standardtestverfahren aufweist. Einerseits liegen die ermittelten Abbauraten wesentlich näher an den wenigen bestimmten in situ Abbauraten und stellen somit realistischere Raten dar. Andererseits werden die Abbaukinetiken unter definierten hydraulischen Bedingungen bestimmt und können dadurch einfacher auf die in der Umwelt vorherrschenden Bedingungen übertragen werden. Zusammenfassend konnte diese Arbeit einen Teil der nach wie vor vorhandenen Wissenslücke über das Verhalten von Pharmaka in Fließgewässern schließen und wertvolle neue Erkenntnisse über die relevanten Eliminierungsmechanismen liefern. Es wurde durch eine Kombination von systematischen Feldstudien mit innovativen Laborexperimenten gezeigt, dass insbesondere (mikro-)biologische Transformationsprozesse in den Flusssedimenten zur Entfernung von Arzneimittelrückständen aus Fließgewässern beitragen. Allerdings wird das vorhandene Reinigungspotenzial der Flusssedimente aufgrund eines mangelnden Austausches von Oberflächenwasser und Porenwasser oftmals nur bedingt ausgeschöpft.
Abstract in weiterer Sprache
The availability of pharmaceuticals for the treatment of all kind of diseases is an essential part of modern society. After medication, pharmaceuticals are only incompletely metabolized and excreted via urine and feces. In subsequent wastewater treatment, most pharmaceuticals are only incompletely eliminated by biological transformation processes or sorption to excess sludge and a substantial amount of the pharmaceutical residues is released into rivers and streams. So far, only a few field studies aimed to derive quantitative data for the individual elimination processes and the knowledge about the fate of pharmaceuticals in rivers is scarce. The overarching aim of this work was to narrow this knowledge gap using a comprehensive approach of combined field studies and adapted experimental laboratory test systems. As first approach, a tracer experiment with pharmaceuticals was performed. Thereto, two fluorescent dyes as well as six pharmaceuticals were injected as Dirac pulse and water samples were collected with automated water samplers at five downstream locations over a total length of 16 kilometers. The analgesic ibuprofen and the lipid-lowering agent clofibric acid were efficiently eliminated during river transport. For the four other injected substances (bezafibrate, diclofenac, metoprolol, and naproxen), no significant removal was observed. Elimination of ibuprofen and clofibric acid was attributed to biological processes occurring in biofilms, which grew on submerged macrophytes and at the water/sediment interface. With a newly developed coupled physical–biogeochemical modeling framework, differentiation between individual elimination processes in the main channel and storage zones was achieved. As second approach, a field study was conducted at a river which supposedly exhibited best-case conditions for the elimination of pharmaceuticals. Experiments were carried out at a 12.5 kilometers long reach of a small stream in Northern Bavaria. On both ends of the reach, composite water samples were taken and analysed for a total of ten pharmaceuticals. Moreover, pore water was sampled depth-resolved and in situ photolysis experiments were performed at three locations within the river stretch to assess the importance of individual attenuation mechanisms. For all substances, a removal compared to the antiepileptic carbamazepine was observed. Photolysis was only a relevant elimination process for the analgesic diclofenac and for the beta-blocker sotalol. Most likely, the other pharmaceuticals were eliminated by biological processes in the river sediments since their concentrations relative to carbamazepine decreased with depth in the sediments. This hypothesis was confirmed for the chiral beta-blocker metoprolol by a decrease of its enantiomer fraction along the river stretch. As a final task, an experimental setup was developed to derive more realistic rate constants for the elimination of pharmaceuticals in river sediments than those obtained from standard laboratory test systems. To this end, surface water was actively pumped through sediment columns in a recirculating manner and the elimination kinetics of eight pharmaceutical residues were determined in different sediments. Besides an initial equilibrium sorption period for the beta-blockers metoprolol and propranolol, abiotic transformation processes in the river sediments were negligible. For all substances, the derived biological elimination rate constants were much faster than literature data from static batch experiments. The filter velocity had only a minor influence on the elimination kinetics of pharmaceuticals compared to the sediment characteristics. Moreover, the test design is applicable to derive process based elimination rates in advectively flowed-through sediments compared to primarily diffusion controlled rates under less steerable conditions in batch experiments. Since the (hydrological) boundary conditions in the test systems can be adjusted and quantitatively described elimination rates can be more easily translated to other test systems and to the situation in real rivers. In summary, this thesis provided valuable new insight into the fate of pharmaceuticals residues in streaming waters. By an intelligent selection of reference substances and the coupling of well-designed sampling campaigns with in situ transformation experiments quantitative data on individual elimination processes were derived. The combination of the systematic field studies and newly designed innovative laboratory scale experiments elucidated that especially microbial transformation processes in river sediments can act as major player in the attenuation of pharmaceuticals in rivers. However, these processes are often limited by the lack of exchange of surface water and pore water and hence, the attenuation potential of the river sediments is not fully exploited.