URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-7841-7
Titelangaben
Sturm, Christian:
Neue Paradigmen in der dezentralen Prozesskontrolldatenverwaltung : Von Blockchain-Systemen bis zu traditionellen Synchronisierungsalgorithmen.
2024
. - XV, 282 S.
(
Dissertation,
2024
, Universität Bayreuth, Fakultät für Mathematik, Physik und Informatik)
Volltext
|
|||||||||
Download (3MB)
|
Abstract
Der Forschungsbereich des Geschäftsprozessmanagements befasst sich unter anderem mit der Modellierung von Geschäftsprozessen, der Implementierung und Ausführung der Prozessmodelle in Ausführungssystemen sowie der Analyse und Optimierung von Prozessen. Dabei beschreiben Geschäftsprozesse wiederholt ablaufende Vorgänge in Unternehmen. Über die softwaregestützte Ausführung werden die Prozessmodelle und die darin beschriebenen Teilschritte aktiv in Prozessausführungssystemen (englisch: workflow management system, WFMS) interpretiert. Darüber lassen sich zum Beispiel zu erledigende Teilschritte über alle Mitarbeitenden hinweg koordinieren, indem die Teilschritte in der richtigen Reihenfolge und zur richtigen Zeit in personalisierte Arbeitslisten einsortiert werden. Die Zuordnung von Programmen ermöglicht weiterhin auch eine automatisierte Abarbeitung der Teilschritte. Zuletzt wird dadurch eine nachvollziehbare Überwachung der im Unternehmen ablaufenden Prozesse ermöglicht. Alle vom WFMS benötigten beziehungsweise produzierten Daten wie etwa Prozessbeschreibungen, die Verwaltung des aktuellen Bearbeitungsfortschritts, oder historische Aufzeichnungen der erledigten Teilschritte inklusive den jeweiligen Verantwortlichen, werden unter dem Begriff der Prozesskontrolldaten zusammengefasst. Innerhalb eines Unternehmens existiert im Regelfall eine zentral verwaltete Infrastruktur, welche zur Bereitstellung eines WFMS und für die Verwaltung der Prozesskontrolldaten genutzt werden kann. Wenn hingegen mehrere Organisationen an einem zwischenbetrieblichen Prozess beteiligt sind, kann im allgemeinen Fall keine zentralisierte Infrastruktur angenommen werden. Eine Alternative bieten hierbei dezentrale Peer-to-Peer-Netzwerke, welche zum Beispiel auch in Blockchain-Protokollen zum Einsatz kommen. Darin verwalten alle Teilnehmer jeweils lokal den gleichen Datenstand, welcher durch geeignete fehlertolerante Algorithmen stets synchronisiert wird. Die Verwendung der dezentral verwalteten Prozesskontrolldaten in jeweils lokal administrierten WFMSs ermöglicht die Ausführung eines zwischenbetrieblichen Prozessmodells inklusive der Möglichkeiten zur Überwachung und kollaborationsweiter Koordination von Teilschritten, ähnlich der traditionellen Auffassung der Prozessausführung innerhalb eines Unternehmens. In dieser Arbeit werden unter Verwendung der Forschungsmethodik Design Science Research (DSR) zwei Artefakte vorgestellt. In einem ersten DSR-Zyklus wird ein Artefakt zur dezentralen Prozessausführung auf Basis einer Blockchain-Infrastruktur vorgestellt. Im Gegensatz zu bestehenden Ansätzen ist die Systemarchitektur des neuen Artefakts einem WFMS nachempfunden und unterstützt so erstmals grundlegende Funktionalitäten wie die kollaborationsweite Koordination von Arbeitsschritten bei der dezentralen Prozessausführung. Das Artefakt ist allerdings auf die Verwendung von BPMN als Modellierungssprache sowie auf Ethereum als Protokoll zur dezentralen Prozesskontrolldatenverwaltung beschränkt. Darauf aufbauend wird in einem zweiten DSR-Zyklus diese hohe Kohärenz der Domänen Prozessausführung und dezentrale Datenverwaltung bei Blockchain-basierten Ansätzen als Herausforderung identifiziert. Um dieser Kopplung entgegenzuwirken wird eine konzeptionelle Architektur zur Trennung der Prozessausführung und der Kontrolldatenverwaltung als Artefakt vorgestellt. Anstatt dedizierte Artefakte für Prozessbeschreibungssprachen und dezentrale Netzwerkimplementierungen entwickeln zu müssen erlaubt diese Architektur die Integration bereits bestehender Systeme: Über eine Middleware können existierende WFMSs und Algorithmen zur dezentralen Datenverwaltung flexibel integriert werden, wobei auch Alternativen zu Blockchain-Protokollen unterstützt werden. Die Umsetzbarkeit der konzeptionellen Architektur wird schließlich in einer prototypischen Implementierung demonstriert.
Abstract in weiterer Sprache
The research area of business process management comprises the modeling of business processes, the implementation and execution thereof in execution systems as well as the analysis and optimization of processes. In this context, business processes describe recurring operations in enterprises. Through software-supported execution, the process models and included work items are actively interpreted in workflow management systems (WFMS). This allows, for example, the coordination of tasks to be completed across all employees by sorting the work items into personalized work lists in the correct sequence and at the right time. The assignment of programs further enables the automated execution of partial steps. Finally, this allows for traceable monitoring of the processes taking place within the company. All data required or produced by the execution system, such as process descriptions, management of current processing progress, or historical records of completed work items including the respective responsible employees, are summarized under the term process control data. Within a company, there is usually a centrally managed infrastructure that can be used for the provision of a WFMS and for managing process control data. However, when multiple organizations are involved in an inter-organizational process, a centralized infrastructure cannot generally be assumed. In these settings, decentralized peer-to-peer networks such as blockchain protocols can be used. Thereby, all participants manage the same data locally, which is continuously synchronized through appropriate fault-tolerant algorithms. The use of decentralized process control data in locally administered WFMS enables the execution of an inter-organizational process model, including the ability to monitor and coordinate collaboration-wide work items, similar to the traditional conception of process execution within a company. In this research work, two artifacts are introduced using the Design Science Research (DSR) methodology. In the first DSR cycle, an artifact for decentralized process execution based on a blockchain infrastructure is presented. Unlike existing approaches, the system architecture of the new artifact is modeled after a WFMS, thus supporting for the first time fundamental functionalities such as the collaboration-wide coordination of work steps in decentralized process execution. However, the artifact is limited to the use of BPMN as a modeling language and Ethereum as a protocol for decentralized process control data management. The second DSR cycle identifies the high coherence of the domains of process execution and decentralized data management in blockchain-based approaches as a challenge. To counter this coupling, a conceptual architecture for separating process execution and control data management is presented as an artifact. Instead of having to develop dedicated artifacts for process description languages and decentralized network implementations, this architecture allows the integration of existing systems: Existing WFMS and algorithms for decentralized data management can be flexibly integrated via a middleware, with support also for alternatives to blockchain protocols. The feasibility of the conceptual architecture is finally demonstrated in a prototype implementation.