URN zum Zitieren der Version auf EPub Bayreuth: urn:nbn:de:bvb:703-epub-4405-2
Titelangaben
Pfänder, Jochen:
Einführung und Finanzierung von Innovationen im GKV-System : eine theoretische und empirische Analyse anhand von Medizinprodukten.
Bayreuth
,
2019
. - III, 175, xiii S.
(
Dissertation,
2019
, Universität Bayreuth, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät)
Volltext
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Abstract
In der vorliegenden Arbeit werden Hürden für die Einführung von medizinischen Erfindungen und Entdeckungen im Bereich des deutschen Gesundheitswesens beschrieben, deren Ursachen geklärt und Lösungen für die Überwindung der bestehenden Probleme vorgeschlagen. Die Dissertation ist im Bereich der Gesundheitsökonomie anzusiedeln, wobei auch auf theoretische Ansätze der Ökonomie der Institutionen zurückgegriffen wird. Untersucht werden die Ausbildung und die Wechselwirkungen organisationaler Fehler, die sich durch das Handeln der vielen auf dem Gesundheitsmarkt befindlichen Akteure ergeben und Innovationen im Sinne einer erfolgreichen Vermarktung neuer Produkte behindern. Die theoretische Aufarbeitung der Thematik und die Ergebnisse der Untersuchung werden durch zwei Fallstudien zur Akupunktur und zur Vakuumversiegelungs-Therapie) ergänzt. Innovationen im Gesundheitswesen lassen sich durch einen Zielkonflikt zwischen der gewünschten Hilfe für den Patienten und der angestrebten ökonomischen Effektivität beschreiben: Nicht jede medizinische Invention ist effektiv (vgl. z. B. die Diskussion um die antivirale Therapie bei Hepatitis C) und umgekehrt müssen effektive Medikamente, Therapien und Verfahren nicht innovativ sein (vgl. z. B. die Behandlung von Hepatitis C mit PEG-Interferon/Ribavirin). Nur solche medizinischen Inventionen, die diesen Zielkonflikt ausbalancieren und dabei den Anschluss an die medizinische Forschung nicht verlieren, sind wettbewerbsfähig, schaffen Planungssicherheit und verdienen den Namen Innovation. Der genannte Zielkonflikt wird konkret durch das Handeln von zwei Institutionen abgebildet: Zum einen erteilen die Prüfstellen auf der Grundlage des Medizinproduktegesetzes die CE-Kennzeichnung, durch die ein medizintechnisches Produkt für den Markt zugelassen wird. Zum anderen nehmen die Gesetzlichen Krankenkassen ein solches Produkt in ihre Kostenerstattung auf. In der Regel stellt es für die überwiegend kleinen Unternehmen im Bereich der Medizintechnik kein Problem dar, die CE-Kennzeichnung zu erhalten, die Aufnahme in den GKVKostenerstattungskatalog bleibt jedoch oft aus. Die GKV gibt umfangreiche Studien in Auftrag, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis und ggf. Alternativen zu überprüfen. Die Phase der Postlizensierung und die Verhandlungen mit den Herstellern enden mit der Festsetzung des Erstattungsbetrags. Ob eine medizinische Neuerung innovativ ist oder nicht, wird somit nicht direkt am Markt, sondern in langwierigen, bürokratisch aufwändigen und intransparenten Verfahren entschieden (z. B. das AMNOGZulassungsverfahren), die durch unterschiedliche Lobbyinteressen bestimmt werden. Die Transaktionskosten für eine Invention werden künstlich in die Höhe getrieben und Innovationspotenziale, die das deutsche Gesundheitswesen auch international wettbewerbsfähiger machen könnten, bleiben häufig ungenutzt. Eine Verbesserung der Innovationskultur im deutschen Gesundheitswesen ist nur über eine Entflechtung wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und politischer Interessen zu erreichen. Ein modernes Innovationsmanagement, das ohnehin mit den Unsicherheiten auf dem Markt kalkulieren muss, ist auf transparente Prüfungsverfahren angewiesen. Im Kern geht es darum, einen Kompromiss zu finden zwischen der Vermeidung von Interessenkonflikten und einem nötigen Maß an Zusammenarbeit. Unter dieser Voraussetzung können in der Folge eine Verschlankung der Prüfverfahren und damit die Sicherstellung ihrer Wirtschaftlichkeit angestrebt und erreicht werden. Die Gesundheitspolitik muss ein Interesse daran haben, dass die Transaktionskosten bei der Einführung von Inventionen wieder in das Gesundheitswesen zurückfließen; gegenwärtig ist dies noch nicht der Fall.
Abstract in weiterer Sprache
This paper will describe obstacles to the introduction of medical inventions and discoveries within the German healthcare system, discuss their causes, and advance proposals for how the existing problems could be solved. This dissertation is fundamentally about healthcare economics, and references theoretical approaches regarding the economics of institutions. It will investigate the development of and interactions between organisational errors that result from the behaviour of the many stakeholders in the healthcare market, impeding innovations in the sense of the successful marketing of new products. The theoretical discussion of the subject matter and the results of the investigation will be supplemented by two case studies, relating to acupuncture and negative pressure wound therapy. Innovations in the healthcare system can be described in terms of a conflict of objectives between the desire to help the patient and the principle of optimal economic efficiency: not every medical invention is effective (e.g. the discussion regarding antiviral therapy for hepatitis C); and effective drugs, therapies and processes do not need to be innovative (e.g. the treatment of hepatitis C with pegylated interferons/ribavirin). Only those medical inventions that balance out this conflict of objectives without losing the connection to medical research are competitive, allow reliable planning, and deserve the name of innovation. The aforementioned conflict of objectives is specifically established by the behaviour of two institutions: on the one hand, the testing authorities award the CE marking on the basis of the German Medical Products Act, thus licensing a medical technology product for the market; on the other hand, the statutory health insurers decide whether to include such a product in their reimbursement catalogue. It does not typically present a problem for the predominantly small companies in the field of medical technology to obtain the CE marking, but inclusion in the statutory health insurers’ reimbursement catalogue often does not take place. The statutory health insurers commission extensive studies in order to review the cost-benefit ratio, and potentially to investigate alternatives. The post-licensing phase and the negotiations with the manufacturers end when the reimbursement value is determined. Whether a medical innovation is genuinely innovative or not is therefore decided not directly by the market, but in protracted, bureaucratically complex and non-transparent processes (e.g. the ‘AMNOG’ Pharmaceutical Market Reorganisation Act licensing process), which are influenced by a range of lobbying interests. The transaction costs for an invention are artificially inflated, and innovation potential, which could make the German healthcare system more competitive internationally, often remains unexploited. An improvement of the innovation culture in the German healthcare system can only be achieved by unravelling the interwoven economic, scientific and political interests. Modern innovation management, which in any case needs to take market uncertainties into account, requires transparent testing procedures. Essentially, it is a question of finding a compromise between avoiding conflicts of interests and the necessary degree of cooperation. On this basis, it would become possible to both aspire to and achieve the streamlining of test procedures, thus ensuring their cost effectiveness. Healthcare policy needs to have a vested interest in ensuring that transaction costs during the introduction of inventions are returned to the healthcare system; this is not yet currently the case.